Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 83. Sitzung / Seite 56

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Sie sagen: Finden wir uns mit etwas ab!, aber Sie sind nicht einmal soweit, daß Sie versprechen, sich einzusetzen, um zu erreichen, daß WEU und EU verschmolzen werden. (Abg. Mag. Posch: Er ist Außenminister und nicht Verteidigungsminister!)  – Das ist aber Ihre Aufgabe als Außenminister, und das gehört auch dazu, wenn ich davon spreche, daß Sie Gewicht bräuchten, damit ein solchen Einsetzen auch Sinn macht. Offenbar wissen Sie, daß es – auch aufgrund Ihrer angeschlagenen Reputation – keinen Sinn machen würde, deshalb lehnen Sie sich zurück und sagen: Wir werden uns abfinden müssen! (Abg. Dr. Trinkl: Ist das der Standpunkt von Herrn Moser? – Abg. Dr. Lukesch: Dann werden wir den Moser fragen, ob das richtig ist! – Abg. Tichy-Schreder: Sie haben sich nicht damit auseinandergesetzt!)  – Ich frage mich, wozu wir überhaupt etwas unterschreiben, wenn wir dann nicht die geringsten Anstrengungen machen, um das, was wir als Ziel unterschrieben haben, auch zu erreichen!

Das ist der eine Punkt, das ist das Kapitel Mons, das ist das Kapitel Amsterdam, wobei ich zu Amsterdam noch weiteres hinzufügen möchte.

Auch das, Herr Außenminister, hängt mit Ihrem Stil und mit Ihrer Glaubwürdigkeit zusammen. Sie haben das Ergebnis von Amsterdam – ich weiß es nicht mehr wörtlich, aber ungefähr (Abg. Scheibner: Ist das Liberale Forum jetzt für oder gegen den NATO-Beitritt?) – als einen tragbaren Kompromiß, als eine positive Weichenstellung, als einen Schritt in die richtige Richtung bezeichnet. Ich teile diese Einschätzung. Ich glaube, daß in Amsterdam weit mehr hätte erreicht werden müssen, ich bin höchst unzufrieden, was alles auf der Strecke geblieben ist. Ich will jetzt gar nicht einschätzen, ob Sie hier mehr herausholen hätten können oder ob das die Macht des Faktischen war. – Das ist nicht der Punkt.

Jedenfalls haben Sie sich dort am Verhandlungstisch zu diesem Ergebnis bekannt. Vor den anderen Gesprächspartnern! Aber kaum kehren Sie den anderen Gesprächspartnern den Rücken, sagen Sie, daß man diese Unterschrift verweigern, verzögern sollte. (Abg. Tichy-Schreder: Das stimmt nicht! Das ist unwahr!) Sie modifizieren nachher immer, ich weiß nicht genau, wie die Wortwahl war, jedenfalls meinten Sie, daß diese Unterschrift unter das, was man dort vereinbart hat, nicht angebracht wäre. (Abg. Mag. Stadler übergibt Vizekanzler Dr. Schüssel eine Großpackung Papiertaschentücher.)  – Es wäre schön, da Sie sich immer aufregen, wenn gestört wird, wenn Sie während meiner Rede nicht stören würden! (Abg. Mag. Stadler: Ich wollte nur meine Tempos zurückgeben!)  – Gut.

Jedenfalls ist es so, daß Sie derjenige sind, der damit einen weiteren schlechten Stil zum Maßstab macht, indem Einzelinteressen – oder nennen wir es bilaterale Streitigkeiten, nämlich die zwischen Deutschland und Österreich im Zusammenhang mit dem Schengener Abkommen – als Druckmittel eingesetzt werden, um eine multilaterale Einigung zu verhindern. Auch das halte ich – und zwar gerade dann, wenn man überzeugte Europäerin ist – für einen schlechten Stil. Auch das gehört zu dem, was Glaubwürdigkeit im Engagement für ein gemeinsames Europa ausmacht. Wenn man an einem Tisch mit anderen sitzt, wenn man zu allem ja sagt – oder sagen wir zum Ergebnis, Sie werden nicht zu allem ja gesagt haben –, wenn man zum Ergebnis ja sagt, dann kann man nicht, kaum daß diese anderen weg sind, den eigenen Leuten – nämlich dem Inland gegenüber – sagen: So werden wir es nicht machen!

Herr Minister! Auch wenn Sie es nicht gesagt haben mögen, daß Sie die Unterschrift verweigern, eines haben Sie mit Sicherheit gesagt – Sie haben es zwar halbherzig bestritten, aber im Hauptausschuß zugleich auch bestätigt –: daß die Ratifikation im Parlament verhindert oder ver-zögert werden sollte. Sie wissen ganz genau, daß Sie als Regierungsmitglied nicht über die Ratifikation zu entscheiden haben. Das ist Sache des Parlaments! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Vielleicht war Ihnen das zum Zeitpunkt Ihres Ausspruchs nicht so bewußt, jedenfalls haben Sie im Hauptausschuß gesagt: Das ist Sache des Parlaments, aber – so meinten Sie – jetzt spreche ich kurz als ÖVP-Obmann, und ich weiß und gehe davon aus, daß meine Fraktion – also die ÖVP – dieses Übereinkommen von Amsterdam in einem engen Zusammenhang mit Schengen sehen wird.


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