Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 83. Sitzung / Seite 118

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bedauere, feststellen zu müssen, daß diese Voraussetzungen derzeit nicht gegeben sind. Daher wird meine Fraktion nicht umhinkönnen, Ihnen das Mißtrauen auszusprechen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

16.12

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Wabl. Er hat das Wort.

16.12

Abgeordneter Andreas Wabl (Grüne): Herr Präsident! Herr Bürger Schüssel, Vorsitzender einer christdemokratischen Partei (Rufe bei der ÖVP: Obmann! Obmann!) , Mitglied einer Bundesregierung einer westlichen Demokratie, gläubiger Katholik, der meist mit dem Kollegen Khol in die Kirche geht, der wichtige Fürsprecher in allen Bundesländern Österreichs hat, mittlerweile auch einen Fürsprecher in Deutschland! (Abg. Schwarzenberger: Sie sollten den Glauben von Menschen nicht so verhöhnen!)

Herr Abgeordneter Schwarzenberger! Es geht schon um die Untersuchung, wer wen verhöhnt. Das ist ein sehr wichtiger Punkt, und die Frage ist, wie damit umgegangen wird. Wer verhöhnt, wer unterstellt, wer lügt, wer ist ein Katholik, wer ist ein Christ? Ist das die Frau Landeshauptfrau aus der Steiermark, die gütig ihrem Parteivorsitzenden und Parteiobmann und Vizekanzler sagt: Man darf als Christ lügen, wenn man dann beichten geht?

Meine Damen und Herren! Ich weiß nicht, ob sie diesen Satz an Sie gerichtet hat, Herr Vizekanzler, das kann ich nicht beurteilen. Vielleicht hat sie diesen Satz auch an die Journalisten gerichtet, an dieses unglaubliche, verschwörerische Trio oder Sextett der österreichischen Zeitungen. Meine Damen und Herren! Das weiß ich nicht. Die Frau Landeshauptfrau sitzt hier, wahrscheinlich hat sie vorher noch ein klärendes Gespräch mit dem Vizekanzler geführt.

Herr Vizekanzler! Die Frage ist nicht – sie ist es schon längst nicht mehr –, welche Schimpfworte man in Österreich verwenden darf. (Zwischenruf bei der ÖVP.) – Es gibt kaum Schimpfwörter, die ich noch nicht verwendet habe. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Die Frage ist, was der Herr Vizekanzler, was der Herr Schüssel, was der Herr Parteivorsitzende aushält und was diese Republik aushält. (Abg. Dr. Maitz: Dich hält er auf jeden Fall aus!) – Mich wird er im Augenblick aushalten müssen.

Meine Damen und Herren! Die Frage wurde in Österreich schon einmal gestellt, was ein hoher Politiker aushält. – Das war damals der Bundespräsident dieser Republik. Dieser Bundespräsident hat das auch ausgehalten. Da gab es eine ähnliche Argumentationslinie: in Österreich erdacht, im Ausland eine campaign durchgezogen, die Verschwörung von der Ostküste bis zur Westküste und nach Österreich.

Und jetzt gibt es also die Verschwörung im Lande. – Herr Vizekanzler! Die Frage ist: Halten Sie die Vorwürfe der Opposition aus? – Da können Sie sagen: Was geht mich das an? Ich habe die Mehrheit hinter mir!

Khol hat demonstriert, daß er seine Partei im Griff hat, Kostelka hat demonstriert, daß er seine Partei im Ernstfall auch im Griff hat. (Abg. Mag. Stadler: Das ist sehr wörtlich zu verstehen! – Abg. Dr. Partik-Pablé: Jetzt weiß er nicht, ob er lachen oder weinen soll, der Christdemokrat!)

Meine Damen und Herren! Wir werden heute erleben, ob Sie Ihre aufrechten, starken Kolleginnen und Kollegen ebenso im Griff haben, wenn es einen Mißtrauensantrag gegen den Vizekanzler dieser Republik gibt. Aber die Frage ist: Herr Vizekanzler! Halten Sie es aus, wenn in Ihrer christdemokratischen Partei die Menschen darüber nachzudenken und zu zweifeln beginnen, ob die Lüge ein probates Mittel ist oder nicht? (Abg. Mag. Kukacka: Sie sind ein Pharisäer! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Herr Vizekanzler Schüssel! Ich bin vorsichtig. Wenn ich unvorsichtig wäre, würde ich sagen, Sie sind ein Lügner. (Abg. Dr. Khol: Herr Präsident! – Abg. Tichy-Schreder: Das ist ein Wahnsinn! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite