Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 84. Sitzung / Seite 108

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welches Argument von den Verteidigern dieser Privilegienwirtschaft, dieses Privilegienstadels kommen wird. Es wird heißen: Ja, das ist die eine Seite der Medaille, das geben wir schon zu, aber Sie müßten doch wissen – und Sie wissen es auch –, daß sich dann, wenn wir diese Privilegien nicht einräumen, nicht zugestehen, diese internationalen Organisationen nicht bei uns ansiedeln! Auch die Umwegrentabilität müssen Sie bedenken, Herr Abgeordneter!

Herr Außenminister! Ich möchte gerne einmal erstens eine solche Umwegrentabilitätsrechnung sehen und zweitens eine Auflistung haben, welche Privilegien wo in welchem Ausmaß und in welcher Form wem in welchen Amtssitzen eingeräumt werden, um einen Vergleich zu haben. Ich weiß nämlich folgendes: daß das, was da kolportiert wird, nämlich daß das überall gleich und üblich ist, nicht stimmt. Wahr ist vielmehr, daß wir uns – und das ist das, was ich Ihnen sagen möchte – mit dem Einräumen solcher Privilegien, die natürlich all jene ärgern, die davon nicht profitieren, und die aus den Gründen, die ich Ihnen genannt habe, besonders die Österreicherinnen und Österreicher ärgern müssen, Amtssitze erkaufen, die wir nicht imstande sind, in Verhandlungen auf dem diplomatischen Parkett aufgrund von Standortattraktivität im eigentlichen Sinn des Wortes zu erwerben. Was wir auf diplomatischer Ebene auf dem Verhandlungsweg nicht erreichen, das erkaufen wir uns auf diese Art und Weise – zum Ärgernis der Österreicherinnen und Österreicher. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ein letzter Satz: Ich weiß nämlich, Herr Außenminister, daß es beispielsweise in den Amtssitzen New York und Genf für die dort beschäftigten Diplomaten keine Zollfreiläden gibt. Mehr weiß ich nicht, und daher hätte ich gerne eine Liste darüber. Aber das weiß ich definitiv. Wir aber geben sie ihnen. Ich frage mich: Warum sind wir so großzügig? – Weil Sie es nicht schaffen, auf andere Art und Weise diese Amtssitze nach Österreich zu bringen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

14.08

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Karlsson. – Bitte, Frau Abgeordnete.

14.08

Abgeordnete Dr. Irmtraut Karlsson (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Hohes Haus! Ich bin sehr erstaunt – aber es war im Ausschuß ja auch schon zu bemerken –, daß von seiten der Freiheitlichen Partei eine neue Form des unqualifizierten Vernaderns eingeschlagen wird (Zwischenrufe und ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen – Abg. Dkfm. Holger Bauer: Die Linksaußen als Privilegienverteidigerin für die kleinen Leute!) , nämlich das Vernadern des dritten UNO-Amtssitzes und seiner Einrichtung und die Hatz gegen die "gestopften" Diplomaten. Jedoch noch erstaunlicher ist, daß Sie eine Bestimmung vernadern (Abg. Dr. Graf: Wie kann man etwas, was im Gesetz steht, vernadern?) , die bei jeder Diskussion des Außenpolitischen Berichtes sehr wohl auch von Ihrer Fraktion als Problematik der Beschäftigung von Angehörigen der Österreicher im Ausland aufgegriffen wird.

Abgeordneter Bauer nahm sich anscheinend nicht einmal die Mühe, das Abkommen zu lesen, denn sonst könnte er nicht sagen, daß es einen unbeschränkten bevorzugten Zugang der Angehörigen der in den internationalen Amtssitzen Beschäftigten gibt. Genau das Gegenteil ist der Fall: Im Annex 1 bei einem Abkommen und im Annex 4 beim anderen Abkommen ist ganz genau definiert, daß die Beschäftigungsbewilligung insofern erteilt wird, als die Beschäftigung nicht in einem Arbeitsmarktsektor oder in einer Region aufgenommen werden soll, wo laut Arbeitsmarktservice gravierende Arbeitsmarktprobleme bestehen. Das heißt, sie ist genau dort eingeschränkt, wo die Konkurrenz mit österreichischen Arbeitskräften besteht. Da vernadern Sie wirklich undifferenziert und erzeugen Neidgenossenschaft, und das muß man eindeutig zurückweisen, bei aller Sensibilität, die man diesen Privilegien vielleicht entgegenbringen soll. (Beifall bei der SPÖ.)

Wie Sie wahrscheinlich auch wissen, befindet sich Österreich in enormer Konkurrenz, was die Ansiedlung internationaler Institutionen betrifft, und da geht es nicht nur um diplomatische Verhandlungen, sondern um Bedingungen, warum internationale Organisationen bei uns angesiedelt werden sollen.


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