Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 85. Sitzung / Seite 37

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Ich spreche da zum Beispiel von der Ausgliederung der Bundestheater, die nun in einer Form durchgeführt wird, wie sie das Liberale Forum seit seinem Bestehen immer wieder gefordert hat. Wir freuen uns, daß die Experten nun zu demselben Ergebnis gekommen sind.

Meine Damen und Herren! Herr Staatssekretär! Leider ist es auch eine Tatsache, daß gerade einige Aussagen des Kunstsekretärs – also von Ihnen, Herr Kunstsekretär – die Künstlerinnen und Künstler dieses Landes nachhaltig verunsichert haben. Ich zitiere: "Nur kann es nicht darum gehen, daß der Bund Einzelförderungen vornimmt, weil sich Künstler der Mechanismen gut bedienen können." Oder: "Die Qualität ist ein Kriterium, das eingeführt werden muß." Oder: "Es kann nicht weiter so sein, daß jeder Künstler subventioniert wird, damit er ruhig bleibt." Oder: "Wir haben mit der Gießkanne versucht, alle zu befriedigen." – Ende der Zitate.

Diese Aussagen, Herr Staatssekretär, beflügeln sicher keine Künstlerinnen und Künstler. Heute und hier wäre es interessant, vom Herrn Bundeskanzler beziehungsweise von Ihnen, Herr Staatssekretär, zu erfahren, wie diese Aussagen zu verstehen sind, da wir immer wieder von Künstlerinnen und Künstlern gefragt werden, ob der Bund künftig keine sogenannten Kleinförderungen mehr vergeben wird und ob dafür nun die Länder aufkommen müssen.

Ich denke, um in diese Diskussion einzusteigen, sollten Sie einmal definieren, was für Sie ein Gießkannensystem ist und welche konkreten Maßnahmen Ihrer Meinung nach getroffen werden müßten, um dieses System so zu verändern, daß es Ihrer Meinung nach effektiver wäre. Die Beantwortung dieser Fragen und diese Klarstellungen haben sich die Kulturschaffenden in diesem Land verdient. Wir Liberalen, insbesondere unsere Kultursprecherin Heide Schmidt, haben uns bei den zuständigen Stellen in den verschiedenen Landeskulturämtern informiert. Bis heute hat noch niemand aus dem Bundeskanzleramt mit einer der zuständigen Personen gesprochen, und die Frage sei deshalb gestattet: Wie soll eine Umverteilung stattfinden, wenn Sie vorher nicht mit den Vertretern der Länder reden?

Da die Kunstfinanzierungssysteme des Bundes und der Länder sehr stark zusammenhängen, muß ich Sie nochmals fragen, warum Sie mit den Landeskulturabteilungen über die von Ihnen offensichtlich beabsichtigten Umverteilungen noch nicht gesprochen haben.

Ich frage Sie auch, Herr Staatssekretär: Was meinen Sie damit, wenn Sie sagen, die Qualität ist ein Kriterium, das eingeführt werden muß? Wollen Sie damit sagen, daß dies bisher nicht der Fall war? – Wenn dem so ist, würden Sie die Arbeit Ihrer Beamten, Ihrer Beiräte komplett in Frage stellen. Oder wollen Sie damit Ihren Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen gar Freunderlwirtschaft mit den Kunstschaffenden vorwerfen?

Das sind Fragen, die meiner Meinung nach dringend nach Erklärung rufen, und ich hoffe, daß sie heute von Ihnen, Herr Staatssekretär, beantwortet werden. Der Klärung bedarf auch Ihre Aussage – Zitat –: "Es kann nicht weiter so sein, daß wir jeden Künstler subventionieren, damit er ruhig bleibt." – Wie kommen Sie, Herr Staatssekretär, auf die Idee, daß der Staat jemals alle Künstler gefördert hat? – Das ist schlicht und einfach eine Behauptung. Und wie kommen Sie auf die Idee, daß ein Künstler, wenn er Geld vom Staat bekommt – Zitat – "ruhig bleibt"? Glauben Sie wirklich, daß auch nur ein Künstler, der diese Berufsbezeichnung verdient, auf diese Weise manipulierbar ist? – Wenn Sie dieser Meinung sind, dann frage ich mich wirklich, wie Sie mit einem solchen Verständnis von Kunstproduktion und Kunstfunktion Kunststaatssekretär sein können.

Herr Staatssekretär! Sie laufen weiters Gefahr, den Weg des Ankündigungspopulismus zu beschreiten. Um ein Beispiel zu nennen: Am 18. Juni dieses Jahres sprachen Sie sich für die Einrichtung von fünf bis sechs Stiftungen aus. Das Liberale Bildungsforum veranstaltete am 1. September eine Enquete zum Thema Stiftungswesen, zu der auch der Herr Staatssekretär eingeladen war. Leider kamen weder er noch ein anderer eingeladener Vertreter zu dieser Enquete. Dies ist eine Diskussionsverweigerung, Herr Staatssekretär, die ich nicht nachvollziehen will, denn wenn es einem mit seinem Anliegen ernst ist, sollte man sich anders verhalten. Bei dieser Enquete hätten Sie jedenfalls Gelegenheit gehabt, sich ausführlich über die Stiftungsmodelle in den Niederlanden und in Baden-Württemberg zu informieren.


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