Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 85. Sitzung / Seite 105

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die Fragen, die Kollege Gradwohl gestellt hat, hätte er Ihnen auch bei einem Kipferl und einem Kaffee im Parlamentsbuffet stellen können. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es gibt im Moment wahrlich wichtigere Fragen, deren Behandlung dringlich gewesen wäre, die aber an den Finanzminister zu richten gewesen wären. Wir Freiheitlichen hätten gerne etwas Klarheit in die Finanzsituation Österreichs gebracht, da die gestrige Budgetrede des Finanzministers eindeutig dazu beigetragen hat, daß nun endgültig alle Klarheiten beseitigt sind. In diesem Zusammenhang hätte es dringliche Fragen genug gegeben. Sei’s drum.

Meine Damen und Herren! Diskutieren wir heute über eine Kommissions-Entscheidung, die von der Gentechniklobby in Brüssel gegen den Willen – und das ist entscheidend: gegen den Willen – von 14 EU-Staaten durchgesetzt wurde. Eine demokratisch nicht legitimierte Kommission setzt sich gegen den Willen von 14 Staaten, die etwas anderes wollen, durch. Meine Damen und Herren! Das ist ein wunderschönes Beispiel dafür, wie die Demokratie auf der Ebene der Europäischen Union mit Füßen getreten wird: 14 Staaten wollen etwas anderes – und ein Staat setzt sich mit der nicht demokratisch legitimierten Kommission in dieser Frage durch! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Deshalb meine ich, Frau Bundesminister, daß eine Klage beim Europäischen Gerichtshof der völlig falsche Weg ist. Meines Erachtens wäre Österreich gut beraten, die Entscheidung, die von der Kommission getroffen wurde, einfach zu ignorieren. Wir fänden uns dabei in bester Gesellschaft. Lassen wir uns doch klagen, Herr Kollege Khol! Wo liegt denn da das Problem? Warum sollen wir uns nicht klagen lassen? (Abg. Dr. Haider: Das liegt am Mut! Sie haben keinen Mut! – Abg. Dr. Khol: Wenn wir nicht klagen würden, sondern klagen lassen, würden Sie uns vorwerfen, daß wir nicht den Mut zur Klage haben!)

Tatsache ist, daß – und das weiß jeder, der sich damit beschäftigt – gentechnische Manipulation mit herkömmlichen Züchtungsmethoden nichts gemein hat. Erstmals kommt es zur Überschreitung von Artgrenzen ohne jedwede Technologiefolgenabschätzung, meine Damen und Herren – und das in erster Linie deshalb, weil es Konzerne gibt, die in die Forschung sehr viel investiert haben und die jetzt auf das Prinzip Hoffnung bauen, nämlich daß keine Fehler auftreten, da sie die Investitionen zurückbekommen wollen, und dazu brauchen sie die Allmacht der Kommission und setzen sie auch ein.

Obwohl niemand sagen kann, ob vorgenommene Veränderungen und deren Auswirkungen überhaupt rückholbar sind, will man das jetzt durchsetzen, meine Damen und Herren! Insbesondere in diesen hier in Diskussion stehenden Freisetzungsversuchen liegt eine sehr große Gefahr. Neu entstehende Organismen, deren genetische Komponenten und Verbindungen überhaupt nicht kontrollierbar sind, können zur Gefahr werden. Wer kann die Sicherheit geben, daß durch die Freisetzung genmanipulierter Organismen eine Bedrohung der genetischen Vielfalt ausgeschlossen werden kann? Können die Gentechnikbefürworter alle Sekundärauswirkungen, die es in 20, 30 Jahren geben kann, zur Gänze vorhersehen und beschreiben, Frau Bundesminister? – Selbstverständlich können sie das nicht. Und deshalb gilt es, mit allen Kräften gegen diese Entscheidung aufzutreten. Ich würde es darauf ankommen lassen. Lassen wir uns klagen! Meines Erachtens brauchen Sie in dieser Frage nicht tätig zu werden.

Es gibt ein enorm großes Risiko, das nicht abschätzbar ist. Es geht im Endeffekt, wenn man das weiter fortführt, um massive Eingriffe in die Evolution. Komplexe Systeme können dadurch nachhaltig verändert werden. Manche sagen, damit werde die molekulare Uhr verstellt und davon gehe eine große Gefahr aus.

Ich behaupte daher, daß die Gentechnikbefürworter die Risken nicht umfassend prognostizieren können – und auch nicht wollen. Deshalb kann auch eine Kosten-Nutzen-Rechnung, die manche machen wollen, in solchen Fragen nicht aufgestellt werden.

All diese offenen Fragen, diese Unabwägbarkeiten sind Grund genug dafür, auf diese Technologie zu verzichten. Kollege Parnigoni hat es ja angesprochen: Wenn Österreich der Feinkostladen Europas werden soll, dann muß die naturnahe Produktion geschützt werden! Meine Damen und Herren! Wir haben die Interessen der bäuerlichen Familienbetriebe, der Konsumen


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