Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 85. Sitzung / Seite 133

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17.52

Abgeordneter Ing. Mag. Erich L. Schreiner (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Peter! Dieser Antrag macht sicherlich Sinn, wenn man eine Voraussetzung in diesem Antrag auch mitberücksichtigt: daß vielleicht durch eine Neueröffnungsbilanz die Unternehmen aus einer Schräglage ihrer Bilanz in eine eher gerade Lage kommen. Ich glaube, das ist eine Intention, die Sie mit diesem Antrag verfolgen. Ich hätte nur eine bescheidene Frage, was die Praxis angeht.

Es wertet also ein Unternehmer sein Grundstück und sein Anlagevermögen auf und bezahlt beim Grundstück bei einer Aufwertung von 1 Million Schilling – und Sie haben gesagt, das sei ein Klein- und Mittelbetrieb – 100 000 S Steuer und bei einer Aufwertung im Anlagevermögen 150 000 S Steuer. Er zahlt 250 000 S, damit seine Bilanz von einer Schräglage in eine Normallage kommt. Es wird ein Scheingewinn besteuert. Er muß 250 000 S sozusagen aus seiner Liquidität "herausnehmen" und muß warten, ob sich das in der Zukunft rentiert.

Ich hätte da einen anderen Vorschlag, einen Vorschlag, der in diesem Hause auch schon mehrmals diskutiert worden ist, aber leider haben wir die liberale Fraktion dabei nie als Partner gefunden. Ich meine die Möglichkeit, den Unternehmer in die Lage zu versetzen, daß die Gewinne, die im Unternehmen verbleiben, überhaupt keiner Besteuerung unterzogen werden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

In der gestrigen Sitzung des Europäischen Parlaments, liebe Frau Kollegin Frieser, hat sich etwas sehr Eigenartiges getan. Es gab nämlich von der sozialistischen Fraktion den Antrag eines portugiesischen Abgeordneten, Couto, in dem wortwörtlich gefordert wird, daß neben der Senkung und Beseitigung der Erbschafts- und Schenkungssteuer auch die Gewinne, die im Unternehmen verbleiben, keiner Besteuerung unterzogen werden. – Dieser Antrag ist auch von Ihrem EU-Abgeordneten Dr. Rübig aus Oberösterreich gelobt worden, der wortwörtlich gesagt hat – ich zitiere aus dem Protokoll des Europäischen Parlaments von gestern –: Ich fordere, daß die Erbschafts- und Schenkungssteuer überhaupt gestrichen wird, wenn man einen Betrieb innerhalb der Familie übergibt, und natürlich auch, daß die nicht ausgeschütteten Gewinne, die im Betrieb bleiben, nicht versteuert werden sollten.

Hier im Parlament stimmt eben diese Partei, die ÖVP, freiheitliche Initiativen permanent nieder und sagt ganz einfach: Das kommt budgetär nicht in Frage!, während die ÖVP-Fraktion im Europäischen Parlament einen solchen Antrag unterstützt. Das ist für mich das doppelte Spiel, das diesbezüglich in der Volkspartei getrieben wird. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Auf der einen Seite, in Österreich, sagt man, obwohl man ganz genau weiß, daß wir eine Eigenkapitalstärkung unserer Betriebe brauchen, nein, aber im Europäischen Parlament unterstützt man einen solchen Antrag, weil es ein sozialistischer Antrag ist. Auch die Sozialisten müßten einmal über ihren Schatten springen, Herr Kollege Heindl. Auch Sie haben hier immer nur Lippenbekenntnisse abgelegt, wenn es um die Unternehmer ging, aber wenn es ans Eingemachte geht, stimmen Sie jedesmal freiheitliche Initiativen, die durch eine solche Maßnahme die Stärkung des Unternehmens zur Folge hätten, nieder.

Das, Herr Kollege Peter, geht auch an Ihre Adresse. Wir diskutieren ja auch eine Reform des Einkommen- und Körperschaftssteuergesetzes, und vielleicht sollte man im Zuge dessen auch im Finanzausschuß einmal über diese Frage seriös diskutieren. Wenn nämlich unsere europäischen Mitbewerber darangehen, die im Unternehmen verbleibenden Gewinne keiner Besteuerung mehr zu unterziehen, haben wir in Österreich einen gravierenden Wettbewerbsnachteil, wenn unsere Betriebe Steuern zu bezahlen haben. Diese Steuern sind dann nämlich nicht mehr Betriebsausgaben – die Körperschaftssteuer ist keine Betriebsausgabe –, sie sind vom Unternehmen aus seiner Liquidität zu leisten, und unsere Unternehmen wären damit einem Wettbewerbsnachteil ausgesetzt.

Ich stimme mit Frau Kollegin Frieser überein, daß man bei diesem Antrag auch über die Frage der Semantik, nämlich über die Bezeichnung "Euro-Eröffnungsbilanz" diskutieren kann. Das kann ja auch die Jahrhundert-Eröffnungsbilanz oder die Eröffnungsbilanz in das nächste Jahr


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