Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 95. Sitzung / Seite 57

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Regierung? Stürzt sie nicht? Jeder Abgeordnete von den Regierungsparteien hat sozusagen ein Mascherl umgehängt bekommen: Je nachdem, ob er der ÖGB-Fraktion oder der Arbeiterkammer-Fraktion angehört, hat man ihm ein Mascherl umgehängt und vorhergesagt, wie sein Stimmverhalten aussehen wird.

Lassen Sie mich eine persönliche Bemerkung hier machen, weil ich glaube, daß bei all dem Interesse der Öffentlichkeit an einer Berichterstattung ein Mindestmaß an Fairneß gegeben sein sollte: Ich konnte einige Male lesen, wie ich mich in einer Sitzung, bei einer Abstimmung angeblich verhalten habe. Ich konnte wörtlich lesen, eine "Brandrede" gehalten zu haben. – Aber all diese Aussagen haben einen kleinen Schönheitsfehler: Ich war zum Zeitpunkt all dieser Sitzungen, in denen ich abgestimmt oder eine "Brandrede" gehalten haben soll, viele Hunderte, ja sogar Tausende Kilometer vom Sitzungsort entfernt. Doch eines konnte mir noch niemand sagen: Wie man wo abstimmen kann, wenn man nicht einmal am Ort des Geschehens ist! – Daß man ein Mindestmaß an Fairneß in der Berichterstattung an den Tag legen würde, hätte ich mir doch erwartet, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Vor allem wir, die Vertreter der Gewerkschaften, haben immer gesagt – wie wir das von zahlreichen anderen Verhandlungen gewöhnt sind –: Wir verhandeln bis zur letzten Minute, und wir werden ein herzeigbares Ergebnis erzielen! Auch alle anderen Sozialpartner haben versucht, ihre Interessen wahrzunehmen. Es ist legitim, was die Bauern getan haben. Es ist legitim, was die gewerblich Selbständigen getan haben. Aber auch den Gewerkschaften muß man das bitte zubilligen! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Khol. ) Wir Gewerkschaftsvertreter haben Interessen vertreten, und wir werden dies auch in Zukunft tun. Wir werden uns das von niemandem nehmen lassen, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Neuerlicher Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Ich gebe schon zu, daß es Gewerkschaftern eigen ist, sehr hart zu verhandeln. Lassen Sie mich auch in diesem Zusammenhang eine Bemerkung machen, weil das doch eine sehr wichtige Entscheidung, wie ich meine, zur Folge haben könnte. Es ist die Forderung erhoben worden, die Vertreter der Sozialpartner sollen aus dem Parlament ausscheiden, denn sie hätten mit dem Parlament überhaupt nichts zu tun. Man kann natürlich über die Frage diskutieren, was vernünftiger ist: Sozialpartner im Parlament oder keine Sozialpartner im Parlament? – Ich glaube beziehungsweise wir von der Sozialdemokratischen Partei glauben, daß es sinnvoller ist, die Sozialpartner hier im Hohen Hause zu haben, wo sie mitreden und mitgestalten können.

Werfen wir einen Blick in andere Länder: Ich glaube nicht, daß das System, wo die Gewerkschaften diese Möglichkeiten nicht haben, das bessere ist. Dann müssen sie sich eben auf der Straße artikulieren. Ich glaube doch, daß uns die Erhaltung des sozialen Friedens in unserem Lande bisher gutgetan hat und daß wir unser System auch in Zukunft beibehalten sollten. Man braucht heute nur in andere Länder zu schauen, wo die Arbeitnehmer auf die Straße gehen müssen, weil sie keine andere Möglichkeit haben, ihre Forderungen vorzubringen. Ich glaube, daß unser System das bessere ist.

Nun in eigener Sache eine ganz persönliche Bemerkung: Über mein Mandat, das ich innehaben darf, entscheidet in erster Linie die Parteibasis in Form einer geheimen Abstimmung in meinem Wahlkreis, nämlich ob sie den Nürnberger überhaupt für das Parlament als Kandidaten nominiert: ja oder nein? Die zweite und wichtigste Entscheidung treffen die Wählerinnen und Wähler in meinem Wahlkreis, nämlich ob sie den Nürnberger im Parlament haben wollen oder nicht. Dann gibt es noch einen Dritten, der mitreden kann, ob der Nürnberger im Parlament sein darf oder nicht, und zwar sind das die Mitglieder und Funktionäre der Gewerkschaft Metall, Bergbau, Energie. Also, ob ich hier im Parlament Interessen vertrete oder nicht, entscheidet sicherlich nicht irgendein Kommentator einer Zeitung oder sonst wer! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Gestatten Sie mir auch einige grundsätzliche Bemerkungen zum Inhalt der vorliegenden Pensionsreform; im Detail werden die Kolleginnen und Kollegen meiner Fraktion noch darauf


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