Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 95. Sitzung / Seite 75

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Urlaubsfall, im Krankheitsfall einer dieser versicherten Personen auch Ersatz da ist? – Daran haben Sie alle nicht gedacht.

Sie sagen jetzt, Sie haben das Problem gelöst, die pflegenden Angehörigen sind versichert. Aber Sie haben eines vergessen: Es gibt nur eine Weiterversicherung, keine Selbstversicherung. Glauben Sie ernsthaft, daß heute jemand, der für 160 Stunden Arbeit im Monat netto 20 000, 25 000 S erhält, aufgrund Ihres neuen Angebotes aus seinem Dienstverhältnis aussteigen wird, statt 160 Stunden im Monat 744 Stunden arbeitet, und das bei einer Bezahlung zwischen 15 000 und 17 000 S? Sie werden doch nicht ernsthaft meinen, daß das jemand tun kann, daß sich das jemand leisten kann!

Ich weiß nicht, ob ich Ihren Gedanken folgen kann, aber ich vermute schon. Sie haben mit dieser Weiterversicherung ausschließlich auf Personen abgezielt, die im Arbeitsprozeß wenig verdienen, zum Beispiel eine Verkäuferin. Dieser muten Sie zu, daß sie statt 25 Stunden in der Woche und 100 Stunden im Monat 744 Stunden im Monat arbeitet, und das mit derselben Bemessungsgrundlage für die Pensionsversicherung, die sie als Verkäuferin gehabt hat.

Das kann nicht die Lösung sein. Die Lösung muß Selbstversicherung heißen. Nur durch eine Selbstversicherung kann man für jemanden, der aus dem Arbeitsprozeß ausgeschieden ist oder keine Chance hat, einen Job zu bekommen, einen Arbeitsplatz schaffen. Damit besteht die Möglichkeit, Personen mit einer Selbstversicherung anzustellen, die es leisten können und die Arbeit suchen. Nach Ihrem Modell ist es ausschließlich so, daß Leute ihren Arbeitsplatz aufgeben müssen, um in den Genuß oder Nichtgenuß der Weiterversicherung zu kommen. Das ist ein Verdrängen vom Arbeitsmarkt, und das hat nichts damit zu tun, neue Arbeitsplätze zu schaffen. Wenn Sie es ernst meinen, daß Sie pflegende Personen versichern wollen, dann müssen Sie eine Selbstversicherung genauso zulassen wie eine Weiterversicherung und die Dienstgeberbeiträge durch den Bund finanzieren.

Und noch eines, Herr Guggenberger, Herr Feurstein! Wir haben in den letzten Tagen versucht, mit Ihnen auf faire, verständliche Art darüber zu sprechen, daß die Dienstgeberbeiträge für geringfügig Beschäftigte auch aus den Mitteln des Bundes übernommen werden sollen. Herr Guggenberger, Sie waren dann aber einfach telefonisch nicht mehr erreichbar, und auch persönlich habe ich Sie nicht mehr erreicht. (Abg. Mag. Guggenberger: Ich bin doch den ganzen Tag hier gewesen! Das ist ja ein Witz!)

Herr Guggenberger, Sie haben mir versprochen, es werde einen Antrag geben zusammen mit Frau Rauch-Kallat. Von seiten der SPÖ wurde gesagt, man werde sich das Ganze anschauen, und jetzt am Schluß ist herausgekommen: Die Sozialpartnerschaft ist dagegen, weil es außer behinderten Menschen, die sich persönliche Assistenten auf Basis geringfügiger Beschäftigung anstellen, auch noch andere Härtefälle gebe, denen man den Dienstgeberbeitrag zahlen müßte. Ich habe darüber nachgedacht, welche Härtefälle Sie denn meinen. Meinen Sie den Härtefall der Unternehmersgattin, die jetzt für ihre Haushaltshilfe auch den Dienstgeberbeitrag bezahlen muß, weil sie diese unter der Geringfügigkeitsgrenze angestellt hat? Meinen Sie einen solchen "Härtefall"? Oder meinen Sie die Mediaprint, die Sie ja sowieso schon ausgenommen haben? (Abg. Mag. Guggenberger: Das stimmt ja schon wieder nicht! Bitte informieren Sie sich, Frau Kollegin!) Oder meinen Sie die Situation der Lehrenden an BFI und WIFI, meinen Sie, daß BFI und WIFI soziale Härtefälle sind, denen man das nicht zumuten kann? Das kann es doch nicht sein.

Wir fordern Sie auf, die Kosten für die Dienstgeberbeiträge bei geringfügig Beschäftigten für Menschen, die durch persönliche Assistenz betreut werden, aus den Mitteln, aus den Überschüssen der Pflegevorsorge zu finanzieren. Nur so können Sie sicherstellen, daß behinderte Menschen nicht ins Heim gehen müssen. Es ist traurig, immer wieder sagen zu müssen: Bitte macht es so, bezahlt den Dienstgeberbeitrag, denn wenn eine oder einer, die jetzt persönliche Assistenz haben, ins Heim geht, dann kostet Sie dies das Fünf- und Sechsfache pro Jahr. Es ist traurig, daß wir behinderte Menschen Ihnen, meine Damen und Herren, ständig den Kostenfaktor vorrechnen müssen und beweisen müssen, daß wir, wenn wir zu Hause leben, billiger sind.


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