Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 95. Sitzung / Seite 149

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Wie schaut es beim Dienstgeberwechsel aus? – Die Freizügigkeit ist beschränkt, denn nur Bruchteile der angesparten Beiträge in den Pensionskassen werden mitgenommen. Das heißt also, der Dienstnehmer erleidet Verluste, die jährlich zwischen 3 und 11,5 Milliarden Franken ausmachen. Das sind fundierte Zahlen nach zehn Jahren Erfahrung in der Schweiz.

Die älteren Beschäftigten werden benachteiligt, denn der Dienstgeberbeitrag für einen 25jährigen macht 3,5 Prozent aus, für einen 55jährigen hingegen 9 Prozent. Zeigen Sie mir den Dienstgeber, der dann noch einen 55jährigen aufnimmt!

Noch ein weiterer Punkt aus der Schweiz: Veranlagung des akkumulierten Kapitals. Es gibt eine Bindung immenser Geldsummen. 1995 waren es bereits 70 Prozent des Schweizer Bruttoinlandsproduktes. Hochgerechnet werden es im Jahr 2010 150 Prozent sein. Schon mit einem Drittel dieser zweiten Säule könnten die Schweizer Pensionskassen die Aktienmehrheit aller an den Schweizer Börsen notierten Aktiengesellschaften aufkaufen. Erhöhung von Liegenschaften, Preisen, Mieten – man spricht von einer Mieten-Rentenschere. Sie kennen das alles! (Zwischenruf des Abg. Gaugg. )  – Herr Kollege Gaugg, Sie brauchen sich gar nicht zu alterieren.

Noch etwas, bitte: Die Verwaltungskosten der zweiten Säule sind 20mal höher als bei der staatlichen Versicherung. Hören Sie sich das an! Die Erfahrung mit der dritten Säule: ein massiver Steuerausfall. Die Beiträge sind natürlich steuermindernd, so wie Sie es auch verlangen; das versteht sich ja. Gemeinden und Kantone leiden unter Milliardenausfällen von Steuern. Wer zahlt das wieder? Wer ist wieder der Benachteiligte? – Hier kommt es wieder dazu, daß derjenige mit niedrigem Einkommen die Steuerermäßigung bei den Besserverdienenden zu bezahlen hat. (Abg. Dr. Graf: Zu Beginn habe ich geglaubt, Sie haben es verstanden!)

Nehmen Sie einmal das Beispiel einer Verkäuferin (Abg. Dr. Graf: Meinen Sie die "Konsum"-Verkäuferinnen?) , einer Arbeiterin in der Textilindustrie oder einer Teilzeitbeschäftigten her und versuchen Sie sich auszurechnen, was für die zweite und dritte Säule übrigbleibt. (Abg. Gaugg: Seidinger! Reden wir über den "Konsum"!)  – Ich komme schon noch auf euch zu sprechen, wartet nur ein bisserl!

Wie schaut denn das Modell der "F" überhaupt aus? (Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Keppelmüller, in Richtung Freiheitliche: Ihr habt Probleme mit dem Zuhören!) Ihr wollt immer nur hier herausgehen und austeilen, aber wenn ihr euch einer sachlichen Diskussion stellen sollt, dann ist es vorbei. Das kennen wir schon bei euch! (Beifall bei der SPÖ.)

Abgesehen davon, daß nach eurem Pensionskassenmodell dann auch noch eine staatliche Garantie verlangt wird; darüber rede ich gar nicht. Auch nicht von der vierten Säule, wonach es keinerlei Ruhensbestimmungen gibt. Diese fordern Sie bei allen anderen ein, für euch gibt es das aber nicht.

Ich nehme ein Papier von euch zur Hand. Erste Säule: Grundpension von rund 11 000 S. Und diese Grundpension wird ohne Höchstbeitragsgrundlage durch gleichmäßige Beiträge aller Erwerbstätigen in der Höhe von 8,5 Prozent finanziert. Statt 23 Prozent nur 8,5 Prozent! (Abg. Dr. Graf: Ist doch gut, oder?) Ja, toll! Nur: Bei diesen 8,5 Prozent finde ich keinen Hundertstel- oder Tausendstelprozentanteil von einem Dienstgeberbeitrag. Ich finde nichts dergleichen drinnen, lauter Dienstnehmerbeiträge! (Abg. Madl: Jeder Erwerbstätige!) Hört mir doch auf! Die fehlenden, nicht bezahlten Dienstgeberbeiträge, wenn ich sie herunterrechne, würden dazu führen, daß derjenige, der ohnedies viel Geld hat und mehr einzahlen kann, dann auch noch steuerlich sehr viel daraus resultierend herausholen könnte.

Und zur vierten Säule: Das Wort stammt nicht von mir, sondern Generaldirektor Wetscherek von der PVAng. hat gesagt, das ganze sei nichts anderes als eine Sozialisierung des Börsenrisikos. (Abg. Dr. Graf: Na klar, der will sich ja nicht wegrationalisieren!)

Sehr geehrte Damen und Herren! In Chile ist man so weit, daß nach dem dortigen Pensionssystem schon so viele in Pensionskassen einbezahlt haben, daß diese gar nicht mehr wissen, wohin mit dem Geld. Der Krieg der Versicherungsanstalten ist in Chile so weit gegangen, daß je


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