Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 95. Sitzung / Seite 151

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Wenn Frau Abgeordnete Partik-Pablé sagt: Die Jüngeren werden einmal gar keine Pension haben!, dann, glaube ich, ist das ein übles Spiel mit Emotionen, ein übles Angstmachen. (Abg. Dr. Krüger begibt sich zum Rednerpult und legt dem Redner einen Zettel hin: Obdachlose!) Ich sehe selber in meiner Ordination, daß allein das Wort "Pensionsreform" enorme Emotionen auslöst und vor allem bei den älteren Menschen starke Ängste hervorruft. Ich glaube, man sollte mit diesem Thema vorsichtiger umgehen, als Sie es hier gemacht haben. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Dr. Nowotny. )

Es geht im Alter meiner Meinung nach um drei Dinge: Es geht erstens um den Kampf gegen die Einsamkeit, den wir hier schwer beeinflussen können. Es geht zweitens um den Kampf, gesund und in Würde alt zu werden. Und es geht drittens darum, nicht in Armut zu altern. Ich glaube, diese Reform ist sicherlich ein weiterer Meilenstein in diese Richtung.

Es geht auch darum, Härten zu vermeiden. Es geht auch darum, Armutsfallen zu reduzieren. Es kann sich niemand hier herausstellen und sagen: Ich habe das ideale System. Es gibt das ideale System. Aber wir können uns annähern.

Wenn wir uns international die Systeme anschauen, dann erkennen wir, daß wir stolz auf unser System sein können. Haben wir doch den Mut dazu! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Herr Rürup, der mir sicher nicht nahesteht – ich kenne ihn gar nicht –, hat in seinem Gutachten festgestellt, daß Österreich eines der weltbesten Systeme hat. Und wer die Zeitungen liest, weiß, daß Reformen schwierig sind – nicht nur in Österreich, sondern weltweit –, weil es eben um den Ausgleich unterschiedlicher Standpunkte geht. Es geht um den berühmten Generationenvertrag.

Ich möchte zu zwei Punkten Stellung nehmen: erstens zur verbesserten Anrechnung von Kindererziehungszeiten. Jawohl, es soll der freie Wille der Frau sein können, zu Hause zu bleiben, und nicht eine unbedingte Notwendigkeit sein, arbeiten zu gehen – ich will beides nicht gegeneinander ausspielen, ich glaube, das wäre falsch –, und es soll keine Armutsfalle sein, wenn jemand den Mut dazu hat oder wenn jemand zu Hause bleiben muß. Ich lese hier, daß von den 15- bis 59jährigen Frauen, die drei Kinder haben, insgesamt nur 45 Prozent ins Arbeitsleben integriert sind, und wenn es Alleinerzieherinnen sind, sind es bei drei Kindern auch nur 61 Prozent. Das heißt, wir können da nicht wegschauen!

Ich meine, es wäre wirklich schandhaft, wenn wir diese Mütter im Stich lassen würden – und ich weiß, wovon ich rede. Meine Mutter hat ihr ganzes Leben unter einer Sache gelitten: Sie hat fünf Kinder großgezogen, und sie hat immer gesagt, sie hat das Gefühl, daß ihre Leistung für die Gesellschaft nichts wert ist. – Ich glaube, die jetzt verbesserte Anrechnung von Kindererziehungszeiten ist ein Signal des Staates, zu zeigen: Jawohl, liebe Mütter, eure Leistung ist sehr wohl etwas wert! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Zweitens: die verbesserte Beitragsleistung bei den Pflegenden. Auch das ist ein Puzzlestein in schwierigen Zeiten. Die 40-, 50jährigen Frauen sind heute die Helden in der Pflege. Wenn alles nur von Profis gemacht würde, wäre das nicht finanzierbar. Und ich sage Ihnen als praktischer Arzt: Es ist heutzutage fast nicht möglich, für Samstag, Sonntag professionelle Dienste aufzutreiben. Es ist oft nicht einmal möglich, daß einem Diabetiker am Abend die Spritze verabreicht wird. Deshalb können wir uns nicht allein auf die Profis verlassen, und wir müssen wirklich jene, die pflegen, irgendwie absichern.

Natürlich gebe ich Überlegungen recht, vielleicht Stufe 3 oder 4 miteinzubeziehen. Aber das ist ein erster Schritt. Und machen wir uns doch bewußt, daß das Pflegegeld international einmalig ist. Ich glaube, das Ganze ist ein Puzzle, das sich durchaus sehen lassen kann.

Angst kann krank machen. Und Sie, liebe Kollegen von den "F", haben heute leider Mißtrauen geschürt. Das ist nicht fair den Älteren gegenüber. Dieses System wider besseres Wissen zu verteufeln, ist, glaube ich, falsch.


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite