Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 97. Sitzung / Seite 64

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13.17

Abgeordnete Ing. Monika Langthaler (Grüne): Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Sie haben recht, ich werde auch über Energiepolitik reden, so wie Herr Abgeordneter Peter sein Steckenpferd beim Tourismus hat. Es wurde schon angesprochen, daß der Herr Bundesminister eine breite Palette zu vertreten hat, und mein Steckenpferd ist selbstverständlich die Energiepolitik.

Aber bevor ich darauf zu sprechen komme, möchte ich mich mit dem Begriff beschäftigen, den auch Herr Abgeordneter Peter in die Diskussion gebracht hat – um dieses Ritual einer Wirtschaftsdebatte mit wenigen Abgeordneten zu durchbrechen, die davon geprägt ist, daß die Regierungsparteien naturgemäß die Wirtschaftspolitik verteidigen und ihnen jedes Fünkchen kritische Distanz fehlt, wie das Frau Abgeordnete Tichy-Schreder hier leider bewiesen hat, während die Oppositionsparteien ... (Abg. Marizzi: Wo sind Ihre Abgeordneten?) – Natürlich! Das gilt auch für die Oppositionsabgeordneten! Nicht nur, daß es für die Regierungsabgeordneten schwierig ist, dieses Ritual durchzuführen, es ist auch für uns ... (Abg. Eder: Wenn wir da sind, werden wir geschimpft! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Darum lassen Sie uns versuchen, nicht polemisch zu diskutieren, sondern vielleicht kann man doch auch, wenn man zuhört, von den Argumenten anderer ein bißchen profitieren.

Herr Abgeordneter Peter redet von moderner Wirtschaftspolitik. Es wäre interessant, darüber zu diskutieren, was wir denn unter "modern" verstehen und ob wir ähnliche Vorstellungen darüber haben, für wen Wirtschaftspolitik gemacht werden soll und für wen nicht. (Rufe und Gegenrufe bei der SPÖ und beim Liberalen Forum.) – Jetzt sind so wenige anwesend, und trotzdem tratschen Sie! Wie in der Schule! (Abg. Dr. Fekter: Frau Oberlehrerin! – Weitere Zwischenrufe bei ÖVP und SPÖ.) Nein, wenn Sie das Bedürfnis haben, zu plaudern, würde ich Ihnen nur vorschlagen: Gehen Sie doch hinaus, und lassen Sie uns, die paar Verbliebenen, die noch hier sind, diskutieren!

Was richtig ist und auch schon angesprochen wurde, ist, daß nicht nur die österreichische, sondern natürlich die europäische Wirtschaft insgesamt großen Veränderungen ausgesetzt ist. Große Unternehmen, die einen Jahresumsatz haben, der mit dem Bruttonationalprodukt kleinerer oder mittlerer Staaten vergleichbar ist, haben natürlich auch entsprechende politische Macht.

Wir stehen vor liberalisierten Märkten, vor ganz neuen Kriterien. Wir stehen vor dem Phänomen einer zunehmenden strukturellen Arbeitslosigkeit, die man mit alten Förderinstrumenten in dieser Form nicht wird lösen können. Wir stehen davor, daß sich auch in Europa immer mehr das amerikanische Modell des Shareholder value durchsetzt – im Gegensatz zu dem, was bisher in Europa auch bei den Unternehmen sehr stark im Vordergrund stand, nämlich so etwas wie Stakeholder value – und plötzlich viele, ursprünglich am System Interessierte nicht mehr oder zu wenig berücksichtigt werden.

Wenn im Zusammenhang mit moderner Wirtschaftspolitik darüber gesprochen wird, daß das automatisch bedeuten würde, daß – das ist im Rahmen einer Budgetdebatte natürlich interessant – die Abgaben- und Steuerquote zu senken sei und daß man Förderungen und Subventionen generell zu reduzieren habe, so muß ich sagen, ich halte das für einen nicht richtigen Ansatz. Ich nehme dazu auch als Unterstützung einen Gastkommentar von Professor Tichy her, der gestern in der "Presse" eine neue Studie des Währungsfonds beschrieben hat. Er schreibt, daß diese Studie mit sehr populären Vorurteilen aufzuräumen versucht. Einen Bereich streicht Professor Tichy heraus – ich nehme nicht an, da er gerade auch der ÖVP bekannt ist, daß er im Verdacht steht, ein blinder Keynesianer zu sein – und schreibt:

"Weniger klar als der Einfluß des Steuersystems ist derjenige der Steuerhöhe an sich. Hohe Steuern wirken nicht notwendig wachstumsdämpfend, es kommt auf die Verwendung der dadurch erzielten Einnahmen an, also auf das Zusammenspiel von Steuern, Ausgaben und Budgetpolitik."


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