Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 97. Sitzung / Seite 74

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ausmacht, ob er seine Investition in Enns oder in Amstetten tätigt, nur weil zufällig eine Bundesländergrenze dazwischen ist, wo wir doch eigentlich im Begriff sind, einen einheitlichen Wirtschaftsraum Europa zu schaffen?

Daher bitte ich Sie ganz inständig – oder auch sehr forsch, wie Sie es lieber haben –: Überlegen Sie sich noch einmal, ob Sie den Weg, in dieser Frage Parteipolitik vor Sachpolitik zu stellen, tatsächlich weitergehen wollen! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Gerade in diesem Zusammenhang mahne ich etwas ein, und ich bin diesbezüglich im Gespräch mit den Energiesprechern der anderen Fraktionen: Das Parlament wird nicht einmal in die Vorkonsultation, ja in überhaupt keiner Weise eingebunden (Abg. Hans Helmut Moser: Typisch!), und all das, was jetzt im Gange ist, läuft ausschließlich zwischen den Büros der Landeshauptleute und Ihrem Haus – bestenfalls noch zwischen Ihrem Haus und den Büros anderer Lobbyisten –, und das ist ganz schlecht, weil es um wesentliche, langfristige Weichenstellungen geht. (Abg. Hans Helmut Moser: Das ist aber typisch für diese Bundesregierung!)

Ich erspare mir, Ihnen im Detail vorzustellen, was eigentlich Sache sein sollte im Bereich der Elektrizitätsstruktur – alle, die sich wirklich dafür interessieren, wissen das ohnehin –, aber ein paar Bemerkungen darf ich schon machen. Wenn Sie diesen merkwürdigen und unheiligen Gegensatz zwischen den Bundesländern und dem Bund nicht aufbrechen und eine österreichweite, aus einer Hand heraus agierende neue Verbundgesellschaft schaffen, die sich ihrer Aufgabe als Netzgesellschaft und für das Lastmanagement zuständige Stelle besinnt und dies auch ungestört von Dritteinflüssen betreiben kann, dann werden Sie erleben, daß über kurz oder lang die eigentlichen Entscheidungszentren über die Weiterentwicklung der Infrastrukturen insbesondere in den Höchstspannungsnetzen irgendwohin, weit weg von unserem Land, abwandern. Wenn Sie nicht Prinzipien einführen, die Ihnen allen bekannt sind, wie eben ein echtes Unbundling, dann werden Sie den sinnvollen Druck des Wettbewerbs innerhalb der Elektrizitätswirtschaft nicht wirksam werden lassen, mit all den bekannten Effekten auf unverhältnismäßig hohe Preise – "unverhältnismäßig" ist das wesentliche Wort.

Daß Sie vor diesem Hintergrund keine besonderen Anstrengungen unternehmen, um sich von Ihrem Haus aus im Rahmen einer ökologischen Steuerreform auf der politischen Ebene stark zu machen, ist zwar kein Wunder, aber ich muß Ihnen schon sagen, ich hätte mir da mehr von Ihnen erhofft. Sie wissen so gut wie ich, daß die Beamtenschaft Ihres Hauses in der Lage, willens und bereit ist, sich auch bei innovativen Reformen voll einzusetzen, aber die politische Vorgabe muß von Ihnen kommen. Wenn aber die politische Vorgabe nicht von Ihnen kommt beziehungsweise zwar von Ihnen, aber eigentlich von den Landeshauptleuten kommt, dann kann sich nichts entwickeln. Herr Bundesminister, ich bitte Sie wirklich, sich das noch einmal zu überlegen. Kehren Sie zu Ihrer Sachlichkeit zurück und überwinden Sie dieses Parteienhickhack!

Daß die Sache am Parlament vorbeigetragen wird, ist aus mehreren Gründen schade. Sie wissen, daß es gerade in diesem Feld sehr konstruktive Ansätze auch im Bereich der Oppositionsparteien gibt. Ich will hier keine andere Fraktion vereinnahmen, aber für die liberale Fraktion kann ich Ihnen sagen: Wir wären jederzeit zur Verfügung gestanden und wir stünden auch in Zukunft zur Verfügung, denn wenn es um solche Überlebensfragen geht, dann kneifen wir nicht. Dann lehnen wir uns nicht einfach hämisch in unseren Sesseln zurück und warten, bis es mißlungen ist, um nachher gut schimpfen zu können. Dieses Thema ist uns zu wichtig! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Zum Abschluß eine Feststellung im Zusammenhang mit einem wichtigen Umweltaspekt, der von meiner Vorrednerin Langthaler schon angesprochen wurde: Die CO2-Problematik haben Sie aus den Augen verloren. Sie wissen ganz genau, eine CO2-Reduktion ist nur möglich, wenn es tatsächlich gelingt, sinnvolle mengenmäßige Einsparungen beim Einsatz von fossilen Energieträgern zu bewirken. Daher schlage ich Ihnen vor: Reden Sie doch einmal mit Ihrem Ministerkollegen Bartenstein. Vielleicht hat er einmal Zeit, sich auch um Umweltfragen zu kümmern, wenn er vielleicht einmal den Blick von seiner familienpolitischen Verkrampfung hebt. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

14.05


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