Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 98. Sitzung / Seite 74

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Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Öllinger. –Bitte, Herr Abgeordneter.

13.55

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Werter Herr Präsident! Werte Frau Ministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nachdem es dem Abgeordneten Höchtl gelungen ist, in einem wahrhaft kühnen rhetorischen Bogen das Bekenntnis zum Präsidenten mit dem Bekenntnis zur Leistung und zur Note zu verbinden, wobei es nach wie vor sein Geheimnis bleibt, was das eine mit dem anderen zu tun hat, nach diesem wahrhaft kühnen Ereignis, Herr Kollege Höchtl, haben wir jetzt von den Vertretern der Regierungsparteien mehrmals zu hören bekommen, die Regierungsparteien eilten in der Bildungspolitik von einem Erfolg zum anderen. (Abg. Dr. Höchtl: Das ist untersuchungsmäßig bewiesen! Zum Unterschied von Ihren Behauptungen!)

Ich kann dazu nur sagen: Sie stolpern in der Gegend herum, und ich bringe Ihnen auch einige Beispiel dafür, Herr Kollege Höchtl. Etwa die Ferienzeit-Frage. Das ist doch ein lächerliches Drama, was sich da abgespielt hat. Lächerlich! (Abg. Dr. Höchtl: Wieso?) "Drama" paßt nicht, ich gebe es zu, "Komödie" ist besser geeignet, um das zu charakterisieren, was sich diesbezüglich in den letzten Jahren getan hat.

Sie haben vor einigen Jahren infolge eines mißverstandenen Föderalismus eine völlige Freigabe für die Bundesländer propagiert und durchgesetzt, und es hat sich dann herausgestellt, das hält nicht. Dann haben Sie wieder eine zentralistische Regelung gemacht, wo dann letztendlich das Bundesland Vorarlberg gesagt hat, das geht auch nicht. Dann wurde das von den Sozialdemokraten in Vorarlberg blockiert, und jetzt gibt es eine "tolle" Neuordnung, die unter Umständen dazu führen wird, daß alle Bundesländer in derselben Woche, wenn sie sich wieder nicht absprechen, ihre Ferienzeit haben. (Abg. Dr. Höchtl: Das ist ja überhaupt nicht wahr! Sie müssen sich einmal die Gesetzesvorlage durchlesen!)

Was daran großartig und ein Fortschritt sein soll, das müssen Sie mir noch erklären, Herr Kollege Höchtl. Das ist aber nur ein einfaches Beispiel. Ich verweise darauf, daß wir schon seit längerer Zeit im Zusammenhang mit der Debatte um die Arbeitszeit der Lehrer – Kollege Höchtl, Sie haben ja einen guten Draht zur Lehrergewerkschaft, nehme ich an – darauf drängen, daß endlich Schluß gemacht wird mit einem Bewertungssystem, das nichts mit der realen Arbeitszeit von Lehrerinnen und Lehrern zu tun hat. Was wir brauchen, ist ein Arbeitszeitmodell, das die Echtarbeitszeit bemißt. Was wir derzeit nicht haben, ... (Abg. Dr. Khol: Herr Öllinger! Werden Sie grüner Bundesobmann? Werden Sie grüner Präsidentschaftskandidat?)

Das ist eine interessante Frage, Herr Kollege Khol, die wir an anderer Stelle klären können. Sie könnten sich aber ruhig auch mit bildungspolitischen Zwischenrufen betätigen. Aber dazu reicht es offensichtlich nicht.

Ich möchte doch wieder zum Thema sprechen. Was wir brauchen, ist eine Echtzeitmessung bei der Arbeitszeit von LehrerInnen, weil ich glaube, daß das Bewertungsmodell bei den Lehrern, das wir derzeit haben, den Realitäten sowohl in die eine als auch in die andere Richtung nicht gerecht wird. Es gibt Lehrer und Lehrergruppen, die wesentlich mehr arbeiten, als es durch das derzeitige Bewertungsmodell ausgedrückt werden kann, und es gibt Lehrer – und damit meine ich nicht die individuelle Person, das wäre ein Spezialkapitel –, die aufgrund ihrer Lehrfächer relativ günstig bewertet werden. Und ich glaube, Kollege Niederwieser, wir wissen, wovon wir sprechen, nämlich daß es einen großen Unterschied macht, der durch das bestehende Bewertungsmodell nicht zum Ausdruck kommt, ob jemand Turnen, Geographie oder Mathematik unterrichtet oder ob jemand Fächer unterrichtet, in denen sehr viel mehr an Arbeitsvorbereitung zu leisten ist.

Ich halte es für ein Unding, den Versuch, Echtarbeitszeit zu beschreiben, die natürlich wesentlich mehr als die reine Arbeitszeit in der Schule umfassen muß, zu verhindern, weil die Gewerkschaft überhaupt kein Interesse daran hat, daß diese Frage debattiert wird. Und gleichzeitig müssen sich die Lehrer dadurch in der Öffentlichkeit zu Recht und zu Unrecht in der politischen Debatte dem Vorwurf aussetzen, sie würden zuwenig arbeiten. Es würde anders ausschauen,


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