Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 101. Sitzung / Seite 12

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Bundeskanzler – das österreichische Positionspapier zum Beschäftigungsgipfel in Luxemburg für morgen und übermorgen bei uns eingelangt.

Herr Bundeskanzler! An sich hätten wir erwartet, daß Sie uns im gestrigen Hauptausschuß beim Thema Beschäftigungskapitel darüber berichten und uns das Positionspapier unterbreiten. Ich zitiere die APA von gestern: "Die Regierungsspitze betonte, daß dieses Positionspapier mit den Sozialpartnern erarbeitet worden sei und am Nachmittag im Hauptausschuß des Nationalrats dem Parlament präsentiert werde." – APA, 18. November 1997.

Herr Bundeskanzler! Heute ist der 19. Das Positionspapier ist zwar da, aber die gestrige Diskussion fand ohne dieses statt. Ich betrachte es als Mißachtung des Parlaments, wenn im Hauptausschuß auf dieses Positionspapier Bezug genommen werden soll, wir es aber erst heute bekommen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Bundeskanzler! Die heutige Ausgabe der Tageszeitung "Die Presse" macht auf mit "Beschäftigungsgipfel der EU droht Flop zu werden". Ich frage mich nach der gestrigen Hauptausschußsitzung, ob das der Realität entspricht, und ich befürchte das.

Herr Bundeskanzler! Sie waren lediglich etwas mehr als eine Stunde lang in diesem Hauptausschuß und haben nicht mitbekommen, wie danach mit einem Antrag der Freiheitlichen auf Stellungnahme verfahren worden ist, obwohl dieser Antrag sich inhaltlich fast deckungsgleich mit dem beschäftigt hat, was die Kommission in einer Vielzahl von Maßnahmen vorschlägt.

Herr Bundeskanzler! Von der Kommission wird den Mitgliedstaaten übermittelt, die Ausgaben für Forschung und Entwicklung sollen von durchschnittlich 1,9 Prozent auf 2,5 Prozent des BIP angehoben werden. Das gleiche findet sich im Antrag der Freiheitlichen. Die Lohnnebenkosten sollen deutlich gesenkt werden. Eine höhere Besteuerung von Energie soll das ausgleichen. – Auch das findet sich in diesem Antrag. (Zwischenruf bei der SPÖ.) Es soll eine leichtere Gründung und Führung von Unternehmen, Herr Kollege, durch klare, dauerhafte und berechenbare Vorschriften ermöglicht werden.

Herr Bundeskanzler! Da habe ich ein bißchen schmunzeln müssen: "Führung von Unternehmen durch klare Vorschriften". Ich nenne nur das Stichwort Werkvertragsregelung: Sie selbst haben als Finanzminister gesagt, Sie kennen sich da eigentlich auch nicht aus. Da soll sich dann ein Unternehmer auskennen? – "Klare Vorschriften"! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

"Dauerhafte Vorschriften", Herr Bundeskanzler. Dauerhafte Vorschriften müßten wohl ein Finanzgesetz sein, auf das sich ein Unternehmer verlassen kann. Was aber machen Sie? – Sie machen rückwirkende Steuergesetzgebung. "Dauerhafte Vorschriften"!

"Berechenbare Vorschriften", Herr Bundeskanzler. Sind berechenbare Vorschriften wirklich Vorschriften, bei denen man nicht weiß, ob sie morgen noch gelten? – Für die Planung eines Unternehmens ist das ein Unding.

Das alles hat Ihnen die Kommission ins Stammbuch geschrieben, aber dieser Antrag auf Stellungnahme wurde abgelehnt. Ich frage mich, Herr Bundeskanzler, was bei diesem Beschäftigungsgipfel außer einer Deklaration überhaupt herauskommen soll.

Hohes Haus! Wir erleben nunmehr sozusagen den vierten Aufguß. Erster Aufguß: das Weißbuch, ein Diskussionspapier über das Beschäftigungskapitel und die Sozialpolitik. Als nächstes hat sich der Gipfel von Essen damit beschäftigt – herausgekommen ist wieder eine Deklaration. Danach hat der Gipfel von Amsterdam festgelegt, daß drei dürre Sätze in das Papier des Gipfels von Amsterdam aufgenommen werden sollen. Und nun wird wahrscheinlich die vierte Absichtserklärung erfolgen, daß für die Beschäftigung etwas geschehen muß.

Herr Bundeskanzler! Europa, die Wirtschaft Europas und die Arbeitnehmer Europas werden nicht dadurch Beschäftigung finden und nicht davon leben können, daß Regierungen immer nur Erklärungen abgeben. Sie müssen handeln, und Sie müssen endlich Handlungsqualität zeigen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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