Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 101. Sitzung / Seite 18

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Wir Österreicherinnen und Österreicher haben die Sorge, daß es keine Identifikation und keine Verantwortlichkeit der Nationalstaaten gibt, wenn es nur solch ein Globalziel gibt.

Wir haben daher ein Verfahren vorgeschlagen, das aus unserer Sicht nicht nur, wie ich hoffe, intelligenter ist, sondern vor allem die große Chance bietet, daß eine nationale Verbindlichkeit und eine Identifikation entsteht, nämlich das sogenannte Bottom-up-Verfahren. Jedes Land muß von sich aus Maßnahmen zur Senkung der Arbeitslosigkeit vorlegen, von sich aus Maßnahmen zur Verbesserung der Ausbildungsquote vorlegen, von sich aus Maßnahmen zur Anhebung der Beschäftigung vorlegen, von sich aus Maßnahmen zur Anhebung der Selbständigenquote vorlegen und muß diese Zahlen für sich selbst verbindlich nennen. Dann kann das überprüft werden. (Abg. Jung: Zu welchem Zeitpunkt?)

Diese verbindlichen nationalen Zahlen werden dann aggregiert – also summiert – zu einem gemeinsamen europäischen Ziel. Das hat den Vorteil, daß nationale Verbindlichkeit entsteht, und das ist es, was wir insgesamt in Europa wollen: das Konvergenzprogramm für Beschäftigung. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich halte es für eine gute Gelegenheit, daß wir das österreichische Positionspapier hier und heute diskutieren können, weil ich wirklich auf das hoffe, was der Herr Präsident ausgedrückt hat: daß wir nämlich aus der Diskussion der Abgeordneten noch Anregungen zu diesem gemeinsamen Beschäftigungsgipfel mitnehmen können. Nur bitte ich, dafür auf eine Pantscherei zu verzichten und wirklich auf Sachinhalte einzugehen.

Wir haben uns vorgenommen, daß – in Analogie zu den großen vier Leitlinien, die hier vorgelegt werden sollen – in Österreich die Schwerpunkte in folgenden Bereichen liegen sollen: Investitionen in die Ausbildung, und zwar nicht nur in die Erstausbildung, sondern auch in die berufliche Weiterbildung, um sicherzustellen, daß die Arbeitnehmer die Voraussetzungen dafür haben, sich auf den Arbeitsmärkten zu behaupten, Investitionen in die Infrastruktur, neue Instrumente der europäischen Investitionsbank für Klein- und Mittelbetriebe, weil wir wissen, daß von dort Beschäftigungsimpulse ausgehen, sowie die Harmonisierung der Steuern, ein ganz wesentlicher Faktor. (Abg. Ing. Reichhold: Da sind Sie "früh" dran! Das hätten Sie schon längst tun müssen!) Denn der Steuerwettbewerb nach unten überträgt die Last der Staatsfinanzierung zu einem beachtlichen Teil auf die sogenannten immobilen Faktoren, wie etwa Löhne und Mehrwertsteuer, somit also auf den Konsumenten.

Darin liegen zwei interessante Ansätze. Der erste Ansatz ist bereits unter dem bestehenden Recht möglich. Ich hatte vor wenigen Tagen ein Gespräch mit dem zuständigen Kommissar für Wettbewerb, Karel Van Miert. Er äußerte die Absicht, Steuerprivilegien verstärkt als unerlaubte Beihilfen zu quantifizieren, das heißt, daß – so wie heute bereits unerlaubte Beihilfen geprüft werden, um zu verhindern, daß einzelne Nationalstaaten mit vielen Beihilfen Unternehmen von anderen Staaten abwerben – die Wettbewerbskommission auch überprüfen wird (Abg. Wabl: Da wird aber Österreich ganz schön in Schwierigkeiten kommen!), ob es etwa Steuerbegünstigungen für bestimmte Sektoren gibt, da diese nun gleichsam als indirekte Beihilfe quantifiziert werden. Es ist dies ein wesentlicher Ansatz, um den ruinösen Steuerwettbewerb nach unten in Zukunft einzubremsen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Der zweite Punkt sind die bereits ausgearbeiteten Überlegungen von Kommissar Monti, die sicherstellen sollen, daß in Zukunft das Steuersystem auf europäischer Ebene gemeinsam in Richtung Ent lastung des Faktors Arbeit und Be lastung des Ressourcenverbrauches umgestellt werden kann – ein wesentlicher Schritt, der auch die Unterstützung des österreichischen Parlaments und der österreichischen Bundesregierung haben wird, da durch die Entlastung des Faktors Arbeit mehr Arbeitsplätze geschaffen werden können. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Des weiteren sind in der österreichischen Position wesentliche Maßnahmen zur Verlagerung von der passiven zur aktiven Arbeitsmarktpolitik in gleicher Stärke enthalten wie Maßnahmen zur Sicherung der Chancengleichheit für Frauen.


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