Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 102. Sitzung / Seite 26

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Ein zweiter Bereich im Verhältnis zwischen Bund und Ländern scheint aber ebenfalls noch zwingend neu geregelt werden zu müssen, und das ist der Bereich der Verwaltungsverfahren. Ich glaube, daß es zu einer Konzentration der Verwaltungsverfahren kommen muß, und zwar nicht nur im Interesse der Bürger, die ein Anrecht auf kurze und vor allem verbundene Verfahren haben. Die Bürger sollen bei einer Angelegenheit nicht fünf oder sechs verschiedene Bescheide anstreben müssen, sondern einen Bescheid, die Angelegenheit eines Komplexes betreffend, beispielsweise einer Bauangelegenheit.

Eine solche Verfahrenskonzentration und Verfahrensreform setzt aber auch eine Behördenreform voraus, und dieser Vorschlag wird, so hoffe ich, in absehbarer Zeit diskutiert und dann auch entsprechend umgesetzt werden. Meine Damen und Herren! Er ist ein Beweis dafür, daß wir bei der Bundesstaatsreform nicht davon ausgehen dürfen, daß Föderalismus ein Synonym für Beharren in Tradition ist. Subsidiarität ist ein sehr dynamisches Konzept, und wir fühlen uns diesem Konzept verpflichtet! (Beifall bei der SPÖ.)

12.26

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Kier. Er hat das Wort. – Gleiche Redezeit.

12.26

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Zu der Materie, um die es hier geht, dem sogenannten Konsultationsmechanismus, möchte ich ein paar Bemerkungen vorausschicken.

Wir haben in den Diskussionen im Ausschuß sehr deutlich die Intentionen gehört, und sie waren teilweise auch schon debattengegenständlich. Es geht den Ländern offenbar darum, sich hinter der Überlegung zu verschanzen: Wer anschafft, soll zahlen! – Das ist auf den ersten Blick nicht unplausibel, aber die Länder übersehen dabei etwas, und ich möchte es von dieser Stelle aus auch deutlich sagen: So richtig es aus ihrer Sicht sein mag, daß derjenige zahlen soll, der anschafft, so richtig ist das Sprichwort aber in seiner richtigen Reihenfolge, nämlich: Wer zahlt, schafft an!

Wenn die Länder nicht begreifen, daß sie durch das, was sie jetzt dem Anschein nach für sich herausholen wollen, in Wirklichkeit eine Auszehrung ihrer De-facto-Kompetenzen einleiten, dann tut mir das leid. Wenn das gewollt ist, dann ist es mir recht, und ich wollte es von dieser Stelle aus deutlich sagen. Denn wer nur auf seine Geldtasche schaut, gleichzeitig aber eine Gebietskörperschaft, ein Landtag oder ein Landeshauptmann sein will und nicht begreift, daß Verantwortung auch heißt, sich bei der Umsetzung an der Leistung zu beteiligen, der hat einen anderen Zugang als jemand, der die volle Verantwortung zu übernehmen bereit ist.

Ich würde sagen, der Bund wird das dann sein müssen, wenn sich die Länder aus der Verantwortung stehlen wollen, indem sie den Konsultationsmechanismus dazu benützen, unter dem Vorwand: Sonst müßte es auch bezahlt werden!, etwas zu verhindern. Denn: Nahezu alle Abgaben hebt der Bund ein. Das ist immer nur eine Frage des Finanzausgleiches, und dieser soll schon fair sein, aber ihn sozusagen zu einer permanenten Diskussion zu machen, halten wir für verfehlt.

In bezug auf die Vorlage, um die es geht, beziehe ich mich bewußt auf meine Vorredner, sowohl auf Kollegen Stadler als auch auf Kollegen Kostelka.

Professor Brünner, mein Kollege und Landtagsabgeordneter des Liberalen Forums in der Steiermark, hat das als Experte im Ausschuß auf den Punkt gebracht. Es sind einige schwere Ungereimtheiten in diesem Gesetz enthalten. Die schwerste von allen ist wohl, daß Sie vorsehen, daß Landesverfassungsrecht mit einfacher Mehrheit zustande kommen können soll. Das, so meinen wir Liberalen, ist einerseits ein schwerer Eingriff und andererseits eine offenbare Gefälligkeitsgesetzgebung. Sie wollen das, weil Sie in manchen Bundesländern offenbar befürchten, die Verfassungsmehrheiten für das, was beabsichtigt ist, nicht zustande zu bringen.


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