Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 102. Sitzung / Seite 32

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Konsultationsmechanismus auch ein wichtiges Gesetz im Rahmen unseres Bundesstaates. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

12.54

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Brauneder. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

12.54

Abgeordneter MMag. Dr. Willi Brauneder (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Es war einmal – das klingt tatsächlich wie ein Märchen –, da sprach man von der "Architektur der Verfassung" und hat das im positiven Sinne gemeint, daß die Architektur eben schön sei und man diese Schönheit nicht verändern solle. Nun kann man Architektur sehr wohl verändern, auch in einer ganz anderen Weise, als sie sich ursprünglich darstellte. Der Redoutensaal etwa ist dafür meiner Meinung nach ein sehr gutes Beispiel; dort wurde Modernes eingefügt, was zwar mit den alten Wänden sozusagen nicht übereinstimmt, aber harmoniert.

Aber mit diesem Gesetz – und es ist dieses nicht das einzige – sind wir vom "Redoutensaal" noch meilenweit entfernt. Wir sind eher bei einem Redoutensaal, der verwinkelt ist, mit kleinen Treppchen, mit kleinen Zimmern, mit Zwischenmauern und allem Möglichen, was die Nützung dieses Raumes eher hindert. Ich sehe ja wohl, daß unsere Verfassung zum Teil eine Architektur aufweist, die es sehr erschwert, bauliche Maßnahmen in klarer, übersichtlicher Form anzufügen. Da sind etwa die Kompetenzbestimmungen, die Kompetenzverteilungen in unserem Bundesstaat, die in einem Punkt – jedenfalls in einem Punkt – zu kritisieren sind: Man kann sagen, die Gebietskörperschaften dürfen Dinge tun und beschließen, wofür sie kein Geld haben. Unter diesem Aspekt ist so etwas Ähnliches wie ein Konsultationsmechanismus vielleicht ein gutes Motiv für eine Verfassungsreform.

Wenn man sich aber einmal ansieht, was alles in letzter Zeit geschehen ist, wenn man dazu noch einen internationalen Vergleich zieht, so stellt man folgendes fest: Es gibt die Landeshauptleutekonferenz, die Landesamtsdirektorenkonferenz und die Integrationskonferenz der Länder. Der Konsultationsmechanismus wird demnächst auch in Geltung kommen; wir haben die ersten Schritte dazu gesetzt. Vergleicht man das etwa mit den diesbezüglichen Gegebenheiten in der Bundesrepublik Deutschland, so sieht man, daß dies Kompetenzen sind, die dort zu einem großen Teil vom Bundesrat wahrgenommen werden, und dieser ist in der Bundesrepublik Deutschland im wesentlichen ein Organ der Landesexekutive.

So besehen schärft das den Blick darauf, daß wir bei uns in Österreich permanent die Exekutive stärken und nicht unseren Bundesrat und damit Wege beschreiten, die an unserem Bundesrat vorbeiführen. – Ich meine, diese Architektur ist unschön. Sie ist schief, sie schwankt.

Nun noch einige Bemerkungen zum vorliegenden Gesetzentwurf. Auch ich meine, daß der Titel – wie das mehrere meiner Vorredner schon gesagt haben – unrichtig ist. Es handelt sich dabei durchaus nicht nur um ein "Bundesverfassungsgesetz, mit dem der Österreichische Gemeindebund und der Österreichische Städtebund ermächtigt werden" und so weiter. Es handelt sich dabei nicht nur um Ermächtigungen, die in diesem Gesetzestext geschrieben stehen. Ich möchte nur zwei Beispiele anführen:

In Artikel 2 Abs. 2 wird Artikel 138 a Abs. 1 B-VG erweitert und ergänzt. In Artikel 3 wird Artikel 137 B-VG erweitert und ergänzt. – Das hat mit Ermächtigungen nichts mehr zu tun, sondern das sind Eingriffe in die Bundesverfassung jenseits einer schönen Architektur. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Was wir hier vielmehr vor uns haben, ist ein Maßnahmengesetz, ein Gesetz, welches die Grundlage für bestimmte Maßnahmen – und das nur temporär – gewähren soll. Artikel 2 zeigt das ja ganz deutlich: "Auf die Vereinbarungen gemäß Artikel 1 sind die für Vereinbarungen gemäß Artikel 15a Abs. 1 B-VG geltenden bundes- und landesrechtlichen Vorschriften mit folgenden Abweichungen anzuwenden": erstens, zweitens, drittens, wobei drittens die schon erwähnte antiföderalistische Maßnahme mit dem Eingriff in die Landesverfassungen darstellt.


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