Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 102. Sitzung / Seite 102

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Vielmehr wird den Teilnehmern an diesem Gipfeltreffen bewußt geworden sein, wie groß die Unterschiede in der Wirtschaftspolitik der einzelnen EU-Mitgliedsländer sind. Immerhin haben die Staats- und Regierungschefs demonstriert, daß das Beschäftigungskapitel, welches zum Abschluß der Regierungskonferenz in Amsterdam im Juni dieses Jahres in einem eigenen Kapitel in die Gemeinschaftsverträge Eingang gefunden hat, einigermaßen ernst genommen wird.

Herr Kollege Schrefel hat gesagt, wenn es keine Beschäftigung gibt, dann gibt es kein stabiles Europa. In diesem Punkt kann ich ihm voll beipflichten.

Frau Kollegin Bures hat gemeint, es sei ein Etappenziel. Das mag schon sein, aber wir können uns damit nicht zufriedengeben, denn der Vertrag von Amsterdam beinhaltet kein wirksames Instrumentarium, das die Mitgliedstaaten im Interesse der Beschäftigung zur Durchführung bestimmter Maßnahmen oder zum Einhalten gewisser Grenzen verpflichten würde. Vorgesehen sind lediglich jährlich festgelegte Leitlinien, Berichte des Rates und der Mitgliedstaaten, eine jährliche Prüfung durch den Rat und die Möglichkeit, Empfehlungen an die Mitgliedstaaten zu richten, die aktive Arbeitsmarktpolitik zu forcieren oder die Jugendarbeitslosigkeit einzudämmen. (Beifall des Abg. Dr. Pumberger.  – Abg. Dr. Stummvoll: Schwacher Applaus!)

Es ist jedoch unbedingt erforderlich, daß die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit angesichts der Zahl von 18 Millionen Arbeitslosen im gesamten EU-Raum zumindest denselben Stellenwert erhält wie die Einhaltung des Stabilitäts- und Wachstumspaktes zur Erreichung der Wirtschafts- und Währungsunion.

Sehr geehrte Damen und Herren! Wir Freiheitlichen fordern daher einen europäischen Pakt für Beschäftigung, der die Mitgliedstaaten ihrer primären nationalen Verantwortung in der Beschäftigungspolitik nicht entzieht, sondern sie vielmehr zu wirklicher Anstrengung in der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit verpflichtet. Um Druck auf nachlässige Regierungen ausüben zu können, wäre meiner Meinung nach ein Sanktionsmechanismus sinnvoll. Damit könnte verhindert werden, daß den Konvergenzkriterien, die die unabdingbare Voraussetzung für eine gemeinsame Wirtschafts- und Währungsunion sind, Vorrang gegenüber dem Ziel einer deutlichen Senkung der Arbeitslosenzahl gegeben wird. Außerdem sollte meiner Meinung nach dadurch auch sichergestellt werden, daß eine gemeinsame Währungsunion sinnvollerweise erst dann umgesetzt wird, wenn auch im Kampf gegen die hohe Arbeitslosigkeit Erfolge erzielt werden.

Sehr geehrte Damen und Herren! Beschäftigung müßte uns mehr wert sein als eine gemeinsame Währung – oder zumindest ebensoviel wie diese! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.43

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Moser. Restredezeit: 5 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

17.43

Abgeordnete Mag. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! International bekannt ist, daß Österreich im internationalen Vergleich an einer der letzten Stellen liegt, was aktive Arbeitsmarktpolitik anlangt. Vor diesem Hintergrund ist die nationale und internationale Hoffnung auf eine aktivere Rolle Österreichs angesichts des Luxemburger Beschäftigungsgipfels sicherlich zu begrüßen. Heute wurde uns von seiten der Regierung wieder nur Schönfärberei präsentiert. Daher ist es seitens der Opposition notwendig, einige harte Fakten und Daten auf den Tisch zu legen, die Sie, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, endlich auf den Boden der Realität bringen und Sie endlich dazu bewegen, verstärkt massive aktive Arbeitsmarktpolitik zu betreiben.

Erstes Faktum – ich beziehe mich dabei auf eine ganz konkrete Situation in Oberösterreich, in der Landeshauptstadt Linz –: 1990 mußten noch durchschnittlich vier Personen um einen Arbeitsplatz kämpfen, 1996 waren es schon 14. – Das ist bitte, wenn ich das so sagen darf, mehr als eine Verdreifachung des Kampfes um einen Arbeitsplatz. (Die Rednerin hält eine Graphik in die Höhe.) Ich kann Ihnen das auch graphisch dargestellt zeigen.


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