Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 104. Sitzung / Seite 71

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Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Pittermann. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

13.41

Abgeordnete Dr. Elisabeth Pittermann (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Um zu verhindern, daß Frauen ihre Arbeit verlieren oder keine erhalten, wird das Nachtarbeitsverbot für Frauen schon vor dem EU-Zeitlimit aufgehoben. Nachtarbeit ist für alle ArbeitnehmerInnen physisch, psychisch und sozial extrem belastend.

Als Dienstnehmerin, die mehr als 19 Jahre lang Nacht-, Wochenend- und Feiertagsdienste geleistet hat, weiß ich um die Belastungen durch Nachtarbeit für Betroffene und deren Familien. Wir Frauen sind zäh genug, ohne ausreichende Schlaf- und Regenerationsmöglichkeiten existieren zu können, wie wir es jahrelang ab der Geburt des ersten Kindes praktizieren müssen. Unangenehmer als bloße Nachtarbeit ist aber der "Radl"-Dienst mit ständigem Wechsel des Tag/Nacht-Rhythmus.

Es ist unbestritten, daß in Dienstleistungsberufen, wie im Gesundheitsdienst, Fremdenverkehrsbereich und anderen, Nachtdienste unabdingbar sind. Daneben wird Nachtarbeit zur besseren Auslastung von Maschinen und höheren Erträgen der Unternehmen benötigt. Da Frauen zirka 70 bis 100 Prozent der Familienarbeit erledigen, ist für sie die Nachtarbeit belastender. Unter steigendem wirtschaftlichen Druck, unter Angst vor dem Verlust ihrer Arbeitsplätze werden Frauen zunehmend bereit für Nachtarbeit. Dabei ist auch anzumerken, daß insbesondere Frauen zur Selbstausbeutung neigen. Während Männer sich meist vor und nach der Nachtarbeit erholen, nützen Frauen die Zeit davor, sich um die Kinder zu kümmern, vorzukochen, eben den Haushalt zu versorgen, um dann müde in die Arbeit zu gehen, und sind froh, am nächsten Tag die Kinder selbst versorgen zu können und tagsüber mehr Zeit für den Haushalt zu haben.

Solcher Raubbau an der Gesundheit rächt sich. Mangelnde Konzentrationsfähigkeit und Verringerung der Sinnesleistungen durch Übermüdung induzieren Fehler und Arbeitsunfälle. Das Nichteinhalten des Tag/Nacht-Rhythmus führt zu vermehrten physischen und psychischen Problemen, wie Schlafstörungen, Verdauungsbeschwerden, chronische Müdigkeit, Burn-out-Syndrom, Mißbrauch von Schlaf-, Schmerz-, Beruhigungs- und Abführmitteln.

Die sozialen Kontakte sind für Nachtarbeitende eingeschränkter, die Teilnahme an Fortbildungs- und kulturellen Veranstaltungen ist erschwert, ebenso private Treffen.

Da Männer ungern allein sind, wird die Nachtarbeit der Ehefrau für vielseitige, meist einschlägige soziale Kontakte genutzt. Dies führt zu Ehekrisen und Scheidungen und trägt umso mehr zur Vereinsamung der nachtarbeitenden Frauen bei.

Neben höheren Entgelten für Nachtarbeit, um ArbeitnehmerInnen einen höheren Lebensstandard zu ermöglichen und die Attraktivität der Nachtarbeit für Unternehmer zu senken, ist aus ArbeitnehmerInnenschutzgründen für entsprechende Freizeit, Ruhepausen, Gesundheitschecks sowie Ruhemöglichkeiten zu sorgen. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Ich appelliere an alle Verantwortlichen, alle geforderten ArbeitnehmerInnenschutzbestimmungen einzuhalten, und an das Arbeitsinspektorat, durch Überprüfungen diese Bereitschaft zu steigern.

Mit zunehmendem Alter ist Nachtarbeit belastender, die Fähigkeit zur Regeneration geringer. Wenn Frauen keine Nachtarbeit mehr verrichten können, dürfen sie nicht benachteiligt werden. Für Alleinerzieherinnen ist die Nachtbetreuung der Kinder schwierig, daher hat der Betrieb für Kinderbetreuungseinrichtungen zu sorgen, ebenso für einen Transportdienst, da viele kein privates Verkehrsmittel besitzen.


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