Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 104. Sitzung / Seite 179

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ganisationsstruktur vorliegen müssen. Von einem Überwachungsstaat à la George Orwell kann da wahrlich keine Rede sein!

Ein erster Schritt zur Zusammenarbeit mit der europäischen Polizei EUROPOL erfolgte im Drogenbereich. Der diesbezügliche Datenabgleich wird auf die genannten Kriminalitätsfelder erweitert. EUROPOL hat zwar keine operativen und exekutiven Aufgaben, kann aber nationale Erkenntnisse bündeln und analysieren, Lageberichte erarbeiten und den Mitgliedsstaaten Ergebnisse übermitteln.

Es geht für Österreich nun darum, die Kräfte, die Informationen von EUROPOL zu nutzen, deren System in Anspruch zu nehmen. Nach dem letzten Bericht, Herr Bundesminister, aus dem Jahre 1996 hat Österreich nur 75 mal angefragt; vergleichbare Staaten wie Holland oder Belgien hingegen haben bis zu 180 mal die Informationen und das Potential von EUROPOL genutzt. Ich denke, da sollte sich Österreich doch verstärkt anmelden.

EUROPOL, geschätzte Damen und Herren, kann eine stärkere Waffe gegen organisierte Kriminalität und Terrorismus werden. Im Sicherheitsbericht wird darauf hingewiesen, daß die organisierte Kriminalität an der Gesamtkriminalität einen Anteil von 30 bis 35 Prozent hat. Und es wird weiters festgestellt, daß die organisierte Kriminalität über unbegrenzte Geldmittel, moderne Technik und auch Logistik verfügt, daß sie Gewinne von mehreren 100 Milliarden Dollar macht. Noch einmal: weltweite Gewinne über mehrere 100 Milliarden Dollar. Alle Bürger zahlen den Preis dafür. Die Bedrohung ist langfristig gesehen eben nicht nur materiell, sondern wirklich tiefgreifend und besorgniserregend: Der Rechtsstaat ist gefährdet und wird durch Korruption und Subventionsbetrug untergraben.

Herr Bundesminister! Da die Bedrohung in hohem Maße aus Osteuropa und den ehemaligen Staaten der Sowjetunion kommt, ist es für die Sicherheit in Österreich höchst notwendig, diesbezüglich gerade mit osteuropäischen Staaten zu kooperieren. Ich ersuche Sie, beim dortigen Aufbau einer effizienten und unbestechlichen Exekutive beziehungsweise Justiz mitzuwirken.

Ich darf abschließend den bayerischen Innenminister Beckstein zitieren und mich vollinhaltlich seinen Aussagen anschließen: EUROPOL kann nur dann funktionieren und zu einem brauchbaren Werkzeug gegen die organisierte Kriminalität werden, wenn der internationale Datenausgleich und -austausch ohne Bürokratie und nationalstaatliche Ängstlichkeiten erfolgt. (Beifall bei der ÖVP.)

20.40

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Kier. – Bitte.

20.40

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Das Zitat des bayrischen Innenministers zum Abschluß der Rede des Kollegen Murauer war nicht sehr beruhigend. Ich bin durchaus der Meinung, daß es überall Tendenzen einer überschießenden Bürokratie gibt, aber: Eine Polizeibehörde ganz ohne Bürokratie, ohne geregelte Abläufe, ohne Möglichkeit der Kontrolle, das wird vermutlich nicht so gemeint gewesen sein. Ich möchte mich daher von der Schlußbemerkung meines Vorredners ausdrücklich distanzieren. Bei aller Distanz zur Bürokratie: Ganz ohne Verfahrensordnungen kommen wir nicht aus. Daher stellen Aussagen von Innenministern, es gäbe nur dann Effizienz, wenn Polizeibehörden auf internationaler Ebene ganz ohne Bürokratie und ungezwungen zusammenarbeiten könnten, geradezu eine gefährliche Drohung dar. (Beifall beim Liberalen Forum sowie der Abg. Mag. Stoisits. )

Ich möchte aber zum eigentlichen Punkt kommen. Kollege Löschnak und viele andere haben heute den Befund die internationalen Kriminalität betreffend treffend geschildert. Im Befund scheint große Übereinstimmung vorzuherrschen. Es gibt auch die grundsätzliche Übereinstimmung, daß man Verbrechern auf derselben Ebene entgegentreten muß, auf der sie stattfinden: Wenn also Verbrecher auf internationaler Ebene agieren, dann muß ihnen auch auf internationaler Ebene entgegengetreten werden.


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