Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 106. Sitzung / Seite 61

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sichern, wenn daneben ein Bauer mit gentechnisch verändertem Saatgut wirtschaftet, zumal Wissenschaftler ganz exakt und präzise nachgewiesen haben, daß der Transfer von gentechnisch veränderten Pflanzen zu Biopflanzen selbstverständlich – was auch bewiesen ist – stattfindet? Wie soll das gehen, wenn das nicht mehr verhinderbar ist, Herr Kollege Molterer? Was ist daran irrational?

Daß die Menschen dann auch ihre Gefühle ins Spiel bringen und sagen: Wir sind ohnmächtig in einer Demokratie, in der 1 200 000 Menschen in einem demokratischen Prozeß unterschrieben haben und in der sich die Verantwortungsträger trotzdem wie eine Schlange durch den ganzen Paragraphendschungel lavieren!, ist doch verständlich. Da müssen doch Gefühle ins Spiel kommen! Das ist nicht irrational, sondern die Menschen haben mit ihrem Verstand vernommen, daß die Regierenden nicht mehr ihre Verantwortung wahrnehmen. Das ist das Problem, das wir hier haben! (Beifall bei den Grünen.)

Herr Bundesminister! Sie sagen in Ihrer Aussendung, diese Schwarzweißsicht sei nicht vernünftig. – Was heißt "Schwarzweißsicht"? Haben Sie einen Kritiker der Gentechnologie gehört, der gesagt hat, Gentechnologie sei an sich des Teufels, sei an sich etwas Böses? – Nein! Es wurde sehr wohl differenziert und gesagt: In der Medizin kann es sinnvoll sein, und es ist auch in ganz bestimmten Bereichen sinnvoll!

Ja selbstverständlich muß auch darüber diskutiert werden, muß es auch da strenge Auflagen geben und muß auch darüber nachgedacht werden, ob es sich nicht gegen die Menschen und gegen die Natur wendet.

Herr Bundesminister! Wem werfen Sie denn da Schwarzweißmalerei vor: Ihrer Fraktion? Den Grünen? Den Liberalen? Den Sozialdemokraten? Den Bauern, die Angst haben, daß sie mit ihren Produkten nicht mehr ankommen?

Herr Bundesminister! Sie sagen, auf dem Gebiet der Medizin sei das unbestritten positiv. – Unbestritten positiv ist es auch nicht! Es gibt Bereiche, wo es unbestritten positiv ist, aber es gibt auch Bereiche, über die sehr wohl gesagt wird, da würden die ethischen Grenzen überschritten, da seien die Gefahren wesentlich größer als der Nutzen, daher sei es abzulehnen.

Nun sagen Sie, Herr Bundesminister, wir müßten auch in der Landwirtschaft einen Diskussionsprozeß führen, in dem von Fall zu Fall entschieden wird. In der APA-Meldung vom 14. Jänner 1998 heißt es wörtlich: "Richtig wäre es aus seiner Sicht, bei der Landwirtschaft von ,Fall zu Fall‘ zu entscheiden." Herr Bundesminister! Wir führen die Diskussion über den Einsatz der Gentechnologie schon seit mehr als zehn Jahren. Sie können sich vielleicht noch daran erinnern, daß in Österreich ein Hormon produziert wurde. In Österreich wird über die Gentechnologie schon seit längerem diskutiert. Es gibt darüber Dutzende Publikationen. Schon im vorigen Jahrzehnt wurde in Österreich darüber ausführlich diskutiert.

Eine Etappe dieses Diskussionsprozesses – der teilweise unsachlich geführt wurde, der aber natürlich auch sachlich geführt wurde, es wurde auch von Wissenschaftlern und in der Bevölkerung ausreichend darüber diskutiert – ist das Gentechnik-Volksbegehren mit 1,2 Millionen Unterschriften. Das ist ein klarer demokratischer Entscheidungsprozeß, der bis zu diesem Zeitpunkt abgeschlossen ist – außer es treten neue Fakten auf.

Herr Bundesminister! Wenn Sie eine Diskussion anführten, in der gesagt wird: Wir werden in Zukunft Saatgut haben, das gegen alle "bösen" Schädlinge – wobei man bedenken muß, was das für ein ökologisches Verständnis ist –, das gegen alle Krankheiten, das gegen alle Pilze resistent ist, wir können durch die Gentechnologie Pflanzen hervorbringen, die diese Bedingungen erfüllen, und damit wird der Hunger dieser Erde beendet sein!, dann könnten wir darüber diskutieren.

Trotzdem möchte ich zu berücksichtigen geben, zu bedenken geben, daß dahinter ein ganz bestimmtes Naturverständnis steht, so als ob ganz bestimmte Bereiche im ökologischen Zusammenspiel auszublenden wären.


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