Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 106. Sitzung / Seite 90

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und auch unvermeidbar, daß die Beschäftigungsimpulse, die aus der Tourismuswirtschaft kommen, rückläufig sind und daß wir Arbeitskräfte und Arbeitsplätze verlieren.

Das mag nun für Industriepolitiker oder für Gewerkschaften ein weniger gravierendes Problem sein als der Arbeitsplatzverlust in den Kernindustrien, aber für die Betroffenen und für die Regionen ... (Abg. Marizzi schüttelt den Kopf.) – Es freut mich, Herr Marizzi, daß Sie das verneinen. (Zwischenruf der Abg. Dr. Mertel. – Ich würde mir wünschen, Frau Mertel, daß Ihre Fraktion die Krise und die Arbeitsplatzsituation im Tourismus mit ähnlichem Engagement beurteilen würde und sich "einihaut" – wie man so schön sagt –, wie sie das bei Semperit oder in anderen Fällen getan hat. Das, was Sie sagen, und wie Sie handeln – zumindest das, was in der Öffentlichkeit dargestellt wird –, sind zweierlei Paar Schuhe. Ich glaube, die vielen zigtausend Beschäftigten in der Tourismuswirtschaft würden es auch verdienen, wenn man ihnen von dieser Seite her ein bißchen Mut macht. Also es wäre erfreulich, Frau Mertel, wenn Sie diesbezüglich etwas tun könnten! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Letztendlich möchte ich noch auf die Auswirkungen auf die Leistungsbilanz zu sprechen kommen, meine Damen und Herren. Ich darf Sie daran erinnern, daß wir im Jahr 1992 einen Leistungsbilanzüberschuß von 72 Milliarden Schilling hatten, und wir alle wissen, daß es 1997 zirka 15 Milliarden Schilling sein werden. – Entschuldigen Sie bitte! Das ist der Überschuß aus dem Reiseverkehr, nicht das Leistungsbilanzdefizit, das ist ja mit Milliarden negativ, also: Aus dem Reiseverkehr konnten wir im Jahr 1992 72 Milliarden Schilling zum Leistungsbilanzüberschuß beitragen, denn damals hatten wir auch einen Überschuß. Heute können wir das Leistungsbilanzdefizit insgesamt nur mehr mit 15 Milliarden Schilling aus der Tourismuswirtschaft mildern, und das, Herr Bundesminister – das wissen Sie und die Damen und Herren der Nationalbank –, ist auf Dauer ein Alarmzeichen, wiewohl wir natürlich in unserer Debatte andere Prioritäten haben. Aber Sie wissen, daß wir uns auch dieser Sache annehmen müssen.

Ich glaube darüber hinaus, meine Damen und Herren, die volkswirtschaftliche Bedeutung – Kollege Helmut Peter macht das natürlich mit viel mehr Engagement, mit mehr Herzblut, das fehlt mir vielleicht, aber trotz alledem ist auch mir als Wirtschaftstreibendem und auch als Betroffenem die Tourismuswirtschaft wichtig, denn ich würde ja gern einige Hotels bauen, wir würden das gerne positiv sehen – und der Hinweis des Kollegen Peter auf den Multiplikator der Tourismuswirtschaft sind immer wieder zu wiederholen. Wir haben 25 Prozent für die Beherbergung, 25 Prozent für die Verpflegung, und die verbleibenden 50 Prozent gehen nicht in die unmittelbare Branche Tourismus. Dieser Multiplikator sollte sozusagen auch denjenigen, die mit dem Tourismus nichts am Hut haben und die kein Interesse am Tourismus haben, zu denken geben, weil es ist da wirklich eine Schlüsselindustrie beziehungsweise ein Wirtschaftszweig mit einer Schlüsselfunktion betroffen. Und wenn es uns nicht gelingt, der Krise Herr zu werden, wären die Auswirkungen entsprechend dramatisch.

Herr Bundesminister! Es stellt sich immer noch die Frage: Wie können wir vom Bund, von den Ländern her einen Beitrag leisten, um diese Krise zu meistern? – Frau Rossmann hat gesagt: Ich gehöre zu jenen, die dafür eintreten, daß wir weiterkämpfen! Dazu muß ich sagen: Ich wäre grundsätzlich auch der Meinung, man soll nicht "w.o." geben, sondern man soll kämpfen. Aber wenn wir uns zum Kämpfen entschließen und wenn wir den betroffenen Familien, den vielen Tausenden – in Kärnten kenne ich einige Dutzend davon, die unmittelbar betroffen sind – den Rat und den Mut geben wollen, zu kämpfen, dann müssen wir ihnen auch Waffen in die Hand geben und ihnen auch sagen, daß dieser Kampf nicht nur eine Plage ist und letztendlich das Resultat nicht verbessert werden kann.

Daher ist die Einschätzung, so nüchtern und so unerfreulich sie ist, daß ein Drittel der Betriebe gesund, konkurrenzfähig und lebensfähig ist, wir sie daher nicht weiter betrachten müssen, da sie die eigene Kraft haben und diese auch nützen werden, ein Drittel wird es mit einiger Unterstützung schaffen, aber ein weiteres Drittel ist nicht mehr sanierbar.

Meine Damen und Herren! Ich habe einige einschlägige Bilanzen studiert, Cash-flow-Rechnungen aufgestellt und muß Sie einfach fragen: Wie wollen Sie das bewerkstelligen, wenn Sie heute einen Tourismusbetrieb mit einem Investitionsbedarf haben, der zweimal so hoch ist wie


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