Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 106. Sitzung / Seite 91

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der Buchwert, wenn das Eigenkapital Null ist, wenn die Rendite-Erwartungen bei einem halben Prozent, einem dreiviertel Prozent oder 1,25 Prozent liegen? – Das ist nicht machbar. Und den Menschen, den Betroffenen von diesem Pult aus das Signal zu geben, zu sagen, es gibt eine Hoffnung, es gibt eine Chance – entgegen betriebswirtschaftlichen Regeln! –, das ist nicht meine Sache, und das möchte ich daher auch nicht tun.

Aber was wir tun können, meine Damen und Herren, ist zur Kenntnis zu nehmen, daß wir Ausstiegshilfen und Ausstiegsmöglichkeiten schaffen müssen, und das geht nun einmal ausschließlich über die Bundesseite. Es sei denn, Sie wollen zuschauen, wie diese Insolvenzwelle weiterhin rollt. Wir haben ja ein schönes Gesetz beschlossen, wie Sie wissen; ich weiß jetzt nicht mehr, wie der genaue Titel lautet, der Herr Professor Van der Bellen könnte mir vielleicht helfen. (Abg. Dr.  Graf: Das Reorganisationsgesetz!)  Reorganisationsgesetz, ich danke für die Nachhilfe. (Abg. Dr. Graf: Noch kein einziger Fall!) Na ja, es kommt darauf an, wie Sie es auslegen. Wenn Sie das Reorganisationsgesetz so leben wollen, wie wir es beschlossen haben, dann müßten schon Hunderte Fälle anhängig sein.

Tatsache ist, daß wir wieder einmal – und wir haben das ja auch von diesem Pult aus ausreichend gegeißelt – ein Gesetz beschlossen haben, das eben augenzwinkernd vorerst einmal nicht befolgt wird. Da aber in diesem Gesetz, wie wir uns erinnern, für die verantwortlichen Geschäftsführer Sanktionen vorgesehen sind, wird es, fürchte ich, einmal ein herbes Erwachen geben, und das ist unerfreulich und auch nicht wünschenswert.

Wir haben auch vorgeschlagen und haben das ja damals schon gesagt – Herr Bundesminister, ich würde mich freuen, wenn Sie als Verbündeter gewonnen werden könnten –, daß wir uns, wenn wir schon ein Reorganisationsgesetz beschließen, auf der anderen Seite auch zumindest der Frage der Eigenkapitalausstattung – bei der Tourismuswirtschaft ist das eine wesentliche Frage – und der stillen Reserven widmen müssen. Es ist undenkbar, bezüglich der stillen Reserven in den Tourismusbetrieben – auch bei den gesunden und auch bei jenen, die eine Chance haben zu überleben, also bei diesen ersten zwei Dritteln – keine Vorkehrungen zu treffen, wenn wir nicht eine Flut solcher Anträge oder Verfahren haben wollen. Ob das nun Euro-Eröffnungsbilanzgesetz heißt oder ob das eine andere Maßnahme ist, das sei dahingestellt. Wir sind zu jeder Schandtat bereit, meine Damen und Herren, aber wir sollten es auf jeden Fall ernst nehmen und nicht augenzwinkernd sagen: Na ja, er hat zwar nicht die Formalerfordernisse, eigentlich müßte er anmelden, aber das ist ohnehin egal, denn er hat noch stille Reserven. – Das wäre nicht so, wie wir es hier beschlossen haben.

Ich glaube daher, Herr Bundesminister, daß auf drei Ebenen etwas zu geschehen hat: Ich meine, die Gemeinden müssen aufgefordert werden, sich bei der Flächenwidmung etwas zu überlegen, um den Ausstieg für betroffene Betriebe zu erleichtern. Das kann über Flächenwidmung verhindert, unmöglich gemacht werden, und ich kenne viele Fälle in Kärnten, wo das tatsächlich der Fall ist.

Ich glaube, daß die Länder noch einmal darüber nachdenken sollten, wo sie ihre Wohnbauförderungsmittel lokalisieren. Ich meine, es wäre angebracht – und ich habe das in Kärnten schon mehrfach gefordert –, daß die Länder darüber nachdenken, für einen bestimmten Zeitraum einen bestimmten Prozentsatz der ihnen für die Wohnbauförderung zur Verfügung stehenden Mittel zur Sanierung der Tourismusbetriebe einzusetzen und damit ebenfalls für die betroffenen Eigentümerfamilien einen Ausstieg zu erleichtern.

Letztendlich, Herr Bundesminister, sollten Sie mit Ihrem Kollegen Edlinger doch darüber reden, daß es nicht sinnvoll ist, von einem Betrieb eine fiktive Steuerleistung – Veräußerungserlöse oder ähnliches – zu verlangen, der sie nicht erbringen kann. Dadurch wird eine Sanierung aus diesem Aspekt, von diesem Blickwinkel her unmöglich gemacht. Ich glaube ... (Abg. Böhacker: Das sagen Sie jetzt nur, weil sich die Einkommensart ändert!)  – Richtig, weil sich die Einkommensart ändert, aus Gewerbebetrieb, Vermietung und Verpachtung. Diese Betrachtungsweise ist einfach weltfremd, und ich sehe eigentlich nicht ein, warum wir nicht rasch und verhältnismäßig einhellig eine solche Neuregelung erreichen könnten.


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