Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 106. Sitzung / Seite 110

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Wir wissen ja alle, daß diese Volksbegehren seit geraumer Zeit hier im Parlament in Verhandlung stehen, aus der Sicht der ProponentInnen inhaltlich bisher jedoch völlig unzureichend behandelt wurden. Es gab zu all diesen drei Volksbegehren bisher Protestaktionen, Demonstrationen, Aufschreie der Frauen, Aufschreie der genkritischen Initiativen und massive Kritik der TierschützerInnen, dennoch ist in keinem einzigen Punkt aller drei Volksbegehren bisher eine substantielle Verbesserung im Sinne der Anregungen dieser Volksbegehren eingetreten. Und meine Befürchtung am heutigen Tage ist, daß nicht nur die InitiatorInnen dieser Volksbegehren, sondern auch die vielen, die Hunderttausenden Menschen, die diese Volksbegehren unterstützt haben, mittlerweile am Zustand der Demokratie in Österreich verzweifeln.

An sich ist die direkte Demokratie in Österreich ohnehin weit weniger stark ausgeprägt und ausgebildet als etwa in unserem Nachbarland Schweiz, und es gibt eine intensive Diskussion darüber, wie weit es wünschenswert oder erstrebenswert ist, die direkte Demokratie stärker auszubauen, aber eines, meine Damen und Herren, geht tatsächlich nicht: Wir können nicht behaupten, die indirekte Demokratie sei in der Lage, die Probleme der Bevölkerung ernst zu nehmen, aufzugreifen und sachgerechte Lösungen durchzuführen, daher sei eine stärkere Ausprägung der direkten Demokratie gar nicht nötig, wenn man mit derart erfolgreichen Volksbegehren dann so umgeht, wie das bisher der Fall war. (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

Herr Bundeskanzler! Die oftmals angesprochene Politikverdrossenheit der Bevölkerung resultiert sehr stark aus diesem Verhalten der Regierung, es ist weit eher eine Regierungspolitikverdrossenheit. Sie sind damals als Regierungschef dieser großen Koalition mit der Ansage angetreten, die großen offenen Fragen in Angriff nehmen zu wollen und durch Ihre starke Mehrheit in diesem Hause, durch Ihre Zweidrittelmehrheit rasch zu sachgerechten Problemlösungen zu kommen.

Ich frage Sie am heutigen Tag: Wie schaut das in den drei Sachbereichen aus? Was hat sich wirklich getan? – Und ich frage Sie auch noch über den Text der Anfrage hinausgehend: Was wird mit weiteren Anliegen, von denen wir schon sehen, daß sie auf das Hohe Haus zukommen, geschehen? Etwa in der Frage des Umgangs mit Waffen? Es ist um die Frage der Sicherheit im Straßenverkehr gegangen, und ich denke, Sie werden wohl die Auffassung teilen, daß die Vorgangsweise der Regierungsparteien in der Angelegenheit des Promillelimits im Straßenverkehr alles andere als dazu angetan war, das Vertrauen in die Politik und die Handlungsfähigkeit dieser Regierung zu stärken.

Wenn wir in all diesen Fragen so herumtun und wenn es immer erst großer Schadens- und Katastrophenfälle bedarf, bis sich endlich etwas ein Stückchen bewegt, dann, glaube ich, Herr Bundeskanzler, trägt diese Regierung die Verantwortung dafür, daß die Leute sich – zu Recht – von der Politik insgesamt abwenden. (Beifall bei den Grünen.)

Wenn wir uns die drei Sachbereiche und die Hauptforderungen dieser Volksbegehren ansehen, dann münden sie natürlich alle in der Frage der Rechte oder der Ausgestaltung der Möglichkeiten der direkten Demokratie in Österreich. Es ist für mich kein Zufall, daß sich jetzt diese drei erfolgreichen Volksbegehren im Rahmen einer Plattform zusammengefunden haben und in einer sehr moderaten Weise eine Verbesserung der Chancen für Volksbegehren verlangen.

Sie verlangen eine Absenkung der Altersgrenze. Die Jugend soll mitreden können, Personen ab 15 Jahren sollen mitreden können, denn es geht vor allem um ihre Zukunft, und ich denke, das ist eine berechtigte Forderung.

Sie verlangen eine Kostenbeteiligung. Die politischen Parteien erhalten Gelder, um ihre Arbeit bewältigen zu können, und es ist keine Frage – ich denke, wir stehen alle dazu –, daß die indirekte Demokratie auch Geld kostet. Dann bitte aber auch gleiches Recht für die Bürgerinnen und Bürger in Österreich! (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Motter. )

Sie verlangen eine Beschleunigung der Verfahren. Sie verlangen eine grundsätzliche Öffentlichkeit der Ausschüsse, eine Einbindung der InitiatorInnen in die Verhandlungen der Ergebnisse und eine Mitteilung der Ergebnisse, um der Bevölkerung rasch mögliche weitere Schritte zu


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