Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 106. Sitzung / Seite 111

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eröffnen. (Abg. Rauch-Kallat: Dann müssen Sie aber auch bereit sein, mitzutun!) Frau Abgeordnete Rauch-Kallat! Auf diese Frage komme ich noch sehr ausführlich. Das hat auch mit Ihrer Vorsitzführung zu tun – und nicht wenig. (Beifall bei den Grünen.)

Diese Volksbegehren verlangen ausdrücklich nicht – und insofern halte ich diesen Forderungskatalog wirklich für sehr maßvoll – eine Automatik, daß ein erfolgreiches Volksbegehren, das vom Parlament nicht positiv erledigt wird, einer Volksabstimmung zu unterziehen ist. Ich denke, daß das an sich beweist, wie sehr diese ProponentInnen immer noch darauf vertrauen, daß das Hohe Haus und die Regierung die Forderungen ernst nehmen. Daher ist es hoch an der Zeit, daß Sie als Chef dieser Koalitionsregierung einmal persönlich hier Stellung beziehen!

Herr Bundeskanzler!  Ich beginne mit dem Gentechnik-Volksbegehren. Hier war es so – die Frau Vorsitzende des Sonderausschusses hat es im Rahmen eines Zwischenrufes soeben erwähnt –, daß sich die ProponentInnen zunächst aus diesem Ausschuß zurückgezogen haben.

Ich frage Sie ganz persönlich, Herr Bundeskanzler – wir haben es in dieser Dringlichen Anfrage erwähnt –: Was halten Sie von der Vorgangsweise, daß wir im Ausschuß sitzen, Expertinnen und Experten anhören, während in einem Nebenzimmer der Cheflobbyist der Genkonzerne in Österreich, Herr Dr. Zacherl, mit den Ministersekretären sitzt und einen Entschließungsantrag bastelt, der völlig ohne jede Aussage ist?

Das ist eine Vorgangsweise, von der ich denke, daß sich wirklich alle Abgeordneten dieses Hauses dagegen verwahren sollten, denn sie entwertet die Arbeit der Ausschüsse, sie entwertet aber auch die Fachkunde der Expertinnen und Experten, denn offenbar können diese für die Wände reden, Frau Abgeordnete Rauch-Kallat. Ich weiß nicht, wie viele Expertinnen und Experten die ÖVP noch braucht, die ihr sagen: Es ist gefährlich! (Beifall bei den Grünen.) Und zwar gefährlicher als wir zunächst angenommen haben, als wir wahrscheinlich alle angenommen haben.

Es haben auch ÖVP-Politiker von einem Mindestmaß gesprochen, denn wir haben, wie gesagt, in diesem Ausschuß ohnehin nur mehr über Mindestforderungen geredet. Es stand gar nicht mehr die ganze Palette der Forderungen zur Diskussion, weil Sie – auch durch das Verhalten Ihrer Abgeordneten in Brüssel – ohnehin ein gut Teil dieser Forderungen bereits durch eine schlechte Realität überholt haben.

Frau Abgeordnete Rauch-Kallat! Ich frage Sie eindringlich, was Sie davon halten, wenn Ihnen mehr oder minder alle Expertinnen und Experten sagen, man habe das Gefahrenpotential falsch eingeschätzt, wenn in ganz brandaktuellen Veröffentlichungen in "New Scientist", in den "Financial Times" – wahrlich nicht unbedingt Boulevardblätter – die Rede ist von superaggressiven Krankheitserregern, die durch die eingepflanzten Resistenzgene möglicherweise provoziert werden, von den ersten Flops, die eingetreten sind, von Gefahren, die sich aktualisiert haben, die in der Realität eingetreten sind, von Gensaatgut, das ausgekreuzt hat. Man hat uns vorher immer versichert, das wird nicht möglich sein. All das ist passiert!

Die Experten haben einmal mehr im Ausschuß gesagt, daß das Gefahrenpotential groß ist – aber was ist dennoch passiert? Es gab Appelle der Konsumentenschutzministerin an die Industrie, man möge das doch bitte nicht tun, doch die liebe Industrie, die bei den ÖVP-Ministern auf einer Lobby-Tour war, hat sich nicht daran gehalten. Aber es war nicht die Bundesregierung, Herr Bundeskanzler, die die Industrie zum Einlenken gezwungen hat, sondern es waren die massiven Proteste aus der Bevölkerung.

Ich bin sehr froh, daß dieser Antrag offenbar so schlecht formuliert und so schlecht begründet ist, daß er förmlich abgelehnt werden muß – aus diesen Gründen wurde er jetzt auch zurückgezogen –, nur rechtsstaatlich ist die Situation weiterhin absolut unbefriedigend. Die Firma hat ausdrücklich gesagt, vorerst zieht sie ihren Antrag zurück. Sie können sicher sein, diese Konzerne warten wieder einen aus ihrer Sicht sehr günstigen Zeitpunkt ab – man wird wieder versuchen, irgendeine Ferienperiode zu erwischen –, und sie hoffen, daß irgendwann einmal die Proteste schwächer werden. Und das noch dazu im Fall des Maiszünslers, der in Österreich – so entnehme ich auch seriösen Publikationen – quantitativ als Problem überhaupt nicht ins Ge


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