Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 106. Sitzung / Seite 112

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wicht fällt. Das heißt, man will die Bevölkerung mit etwas zwangsbeglücken, was sie nicht will, was für die Konsumenten schlecht, was für die Umwelt gefährlich und für die klein- und mittelbäuerliche Struktur in Österreich fatal und verheerend ist.

Zweites Beispiel: Frauen-Volksbegehren. Herr Bundeskanzler! Sie haben löblicherweise eine Initiative zugunsten der Lehrlinge gemacht, doch was ist passiert, als die Frauen versucht haben, nur dasselbe Recht zur erreichen – es war im Volksbegehren enthalten, die Forderung wurde erneuert –, daß man zumindest dann, wenn die öffentliche Hand Betriebe fördert, wenn es um öffentliche Aufträge geht, darauf achten soll, daß bevorzugterweise Betriebe zum Zug kommen, die es ernst nehmen mit der Frauengleichberechtigung? – Die ÖVP hat einmal mehr gesagt: Da könnte ja jede kommen! Freilich könnte und sollte jede Frau kommen, denn die Frauen in Österreich sind diskriminiert! Aber die Forderung ist abgelehnt worden. Einmal mehr!

Man kann jetzt noch viele Ausschüsse veranstalten, aber ich frage Sie wirklich: Ist es nicht in Wahrheit das Ziel, sich über die Legislaturperiode drüberzuretten und eigentlich keine dieser Forderungen zu erfüllen?

Drittes Beispiel: Tierschutz-Volksbegehren. Sie wissen, es gibt vier Parteien in diesem Haus, die – und ich habe auch aus Ihrem Mund persönlich Ihre Unterstützung gehört – für ein einheitliches Tierschutzgesetz auf Bundesebene sind. Also vier Fraktionen in diesem Haus wollen das, aber die ÖVP sagt dazu nein. Und ich frage Sie: Was ist die Reaktion der stärksten Fraktion in diesem Hause?

Die SPÖ hat bei den Wahlen im Jahre 1995 einen großen Vertrauensvorschuß bekommen. Sie haben damals auch argumentiert, daß Sie eine konservative Koalition in Österreich verhindern wollen, Sie haben damals argumentiert, daß eine gestärkte SPÖ besser in der Lage sei, die Anliegen der Bevölkerung umzusetzen. Wenn der kleinere Koalitionspartner aber in allen wichtigen Anliegen sagt, daß er das nicht will, und dann passiert es auch nicht, dann frage ich Sie: Wie gehen Sie mit diesem Vertrauensvorschuß aus den Wahlen 1995 um? Ich denke, die Wählerinnen und Wähler der SPÖ haben damals dieser Partei nicht deswegen das Vertrauen geschenkt, damit sie im Prinzip auf Papieren, die dann in den Schubladen liegen, ihre Meinung kundtut, sondern damit Sie das umsetzen. Sie sind in der Regierung und nicht in der Opposition, Herr Bundeskanzler! (Beifall bei den Grünen.)

In Sachen der landwirtschaftlichen Nutztierhaltung hat uns die ÖVP versichert: Wir brauchen kein bundeseinheitliches Tierschutzgesetz, es genügt eine Vereinbarung zwischen den österreichischen Bundesländern. Heute wurde der Grüne Bericht hier diskutiert, und er beweist, daß diese Vorgangsweise falsch war. Die kleinen Betriebe sterben, Menschen kommen zu Schaden, Arbeitsplätze werden vernichtet. Die Bestandszahlen steigen, und der Tierschutz kommt buchstäblich, auch was die Transporte betrifft, unter die Räder.

Und jetzt, kurz vor dem letzten Ausschuß, buchstäblich Stunden vor dem letzten Ausschuß über das Tierschutz-Volksbegehren im Verfassungsausschuß, kommt die ÖVP wieder mit einem Papier der Landeshauptleute betreffend eine 15a-Vereinbarung für den Bereich der nichtlandwirtschaftlichen Tierhaltung daher. Und ich frage Sie auch als einen Menschen, von dem ich immer geglaubt habe, er interessiert sich für Tierschutz: Wie können Sie damit umgehen? Soll das bis 1999 wirklich die einzige Antwort sein? Sollen nicht einmal solche Minimalerfordernisse erfüllt werden, daß man barbarische und tierquälerische Handlungen wie eben das Durchtrennen der Stimmbänder, das Kupieren von Ohren und Schwänzen ausnahmslos verbietet? Die Fallenstellerei wird nicht verboten, und alles, was sonst als Tierquälerei gilt, kann im Bereich der landwirtschaftlichen Nutztierhaltung überhaupt stattfinden.

Es grenzt schon wirklich an Skurrilität, daß es für den Bereich der Zirkustiere zwar ein kategorisches Verbot gibt, Wale, Riesengleiter und Kloakentiere in Zirkussen zu halten und zur Schau zu stellen, daß es aber für die Tiere, um die es de facto geht, nämlich um Tiger, Löwen, Elefanten, Kamele, überall Ausnahmen gibt. Das heißt, alles, was in der Realität passiert, kann auch nach dieser 15a-Vereinbarung weiterhin passieren. Die Bundesländer können diese


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