Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 106. Sitzung / Seite 113

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Vereinbarung außerdem kündigen. Und wie der Vollzug ausschaut, das wissen Sie, Herr Bundeskanzler!

Ich komme zum Schluß, und es drängt sich für mich ein demokratiepolitisch wirklich sehr schlimmer Verdacht auf. Ich denke nämlich auch, daß die stärkste Fraktion in diesem Hause, daß die SPÖ und daß auch Sie als Regierungschef kein echtes Interesse daran haben, daß in diesen Materien etwas weitergeht. Denn ich frage Sie schon allen Ernstes – und ich werde nicht die einzige sein, die diesen Eindruck hat –: Wieso schafft es die SPÖ – auch gegen den widerstrebenden Koalitionspartner –, dann, wenn es um machtpolitische Interessen geht wie etwa bei der Frage der Bank Austria, sich in heftigen Verhandlungen, in Konflikten, die bis an den Rand der Koalitionsfrage gehen, durchzusetzen?

Wenn es um Posten geht, wenn es um Geld geht, wenn es um Einfluß geht – da bringen Sie Ihre Rolle als stärkste Regierungsfraktion durchaus in die Waagschale, da setzen Sie sich durch. (Beifall bei den Grünen.) Aber wenn es um die Frage der direkten Demokratie geht, um die brennenden Anliegen der Bevölkerung, wenn es um die Frage der Frauengleichberechtigung geht, um die Frage der Ablehnung der Gentechnik in Landwirtschaft und Ernährung, um einen besseren Tierschutz für alle Tiere in Österreich, da habe ich den Eindruck, daß Sie bis 1999 ein Motto ausgegeben haben, das "permanenter Wahlkampf" heißt.

Sie produzieren nette Papiere und bekunden bei jeder Gelegenheit Ihr persönliches Interesse, aber eigentlich haben Sie vor, daß bis 1999 nichts geschieht. Denn dann werden Sie mit diesen Themen in den Wahlkampf ziehen und können sagen: Wir täten ja so gerne, aber die lassen uns nicht. Bitte, liebe Wählerin und lieber Wähler, mach uns noch stärker, denn dann können wir etwas tun! Und die ÖVP wird Ihrer Lobby sagen: Wir sind die Garanten dafür, daß in diesen Materien nichts weitergeht!

Herr Bundeskanzler! Eine Frage in diesem Zusammenhang müssen Sie jedenfalls beantworten. Wenn es sogar in Materien, in denen vier Fraktionen in diesem Haus hier und heute dafür sind, nicht möglich ist, etwas weiterzubringen, wenn es also in dieser Konstellation offenbar nicht erwünscht ist, daß etwas weitergeht (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen) , wie soll sich dann 1999 irgend etwas verändern?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, die Redezeit zu beachten!

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (fortsetzend): Ich frage Sie, Herr Bundeskanzler: Wie viele zigtausend, wie viele Millionen Unterschriften, wie viele Menschen auf der Ringstraße brauchen Sie, bis Sie endlich handeln? (Beifall bei den Grünen.)

15.21

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nach den Bestimmungen der Geschäftsordnung gelangt jetzt der Herr Bundeskanzler zu Wort. Herr Bundeskanzler, die Redezeit soll 20 Minuten nicht übersteigen. – Bitte.

15.22

Bundeskanzler Mag. Viktor Klima: Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Abgeordnete Dr. Petrovic! Erlauben Sie mir, daß ich eingangs zwei Dinge klarstelle, von denen ich den Eindruck habe, daß sie aus Ihrer Begründung herauszuhören sind.

Zum ersten: Ich denke, Sie haben sehr subtil den Versuch unternommen, in der Regierungskoalition Zwietracht zu säen. (Ironische Heiterkeit bei den Grünen. – Abg. Wabl: Hund und Katze!) Sehr geehrte Frau Abgeordnete! Die Österreicherinnen und Österreicher haben – meiner Ansicht nach zu Recht – gesehen, daß in dieser Regierungskoalition nicht gestritten, sondern gemeinsam gearbeitet wird für unser Land Österreich! Das werden wir uns nicht zerstören lassen! (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Abg. Hans Helmut Moser: Das glaubt Ihnen ja niemand!)


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