Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 106. Sitzung / Seite 114

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Zum zweiten: Meiner Einschätzung nach, sehr geehrte Frau Abgeordnete Petrovic, ist das Volksbegehren ein wesentliches demokratiepolitisches Forum zur Willensbildung und Willenskundgebung der Menschen in unserem Lande. Zumeist haben sich – wenn auch nicht immer erfolgreich – die Proponenten und Unterstützer von Volksbegehren dagegen verwahrt, parteipolitisch vereinnahmt zu werden. Ich warne davor, dieses wichtige Instrument der Demokratie zu schädigen, indem man dessen parteipolitische Vereinnahmung versucht. Wir sollten das nicht tun! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Es geht nämlich um nichts weniger als die Aufgabe, die Ergebnisse dieses demokratischen Prozesses sachlich in den dafür verfassungsmäßig zuständigen Organen und Gremien zu diskutieren und dort im Sinne unserer repräsentativen Demokratie Lösungen zu erarbeiten. Denn die Bürger erwarten zu Recht Lösungen und nicht parteipolitisches Hickhack. Allerdings sind mir die Forderungen der Initiative Direkte Demokratie vorläufig nur aus den Medien bekannt.

Ich kann Ihnen nur sagen, daß meine Partei – aber ich nehme an, ebenso jeder, der es mit der Demokratie ernst meint – Reformvorschläge unterstützen wird, die auf eine schnellere, bessere und leichter nachvollziehbare parlamentarische Behandlung abzielen, weil solche Vorschläge begrüßenswert sind. Dabei kann ich keinen Widerspruch sehen. Ich bitte Sie jedoch dafür um Verständnis, daß ich als Organ der Vollziehung allfälligen Reformen des parlamentarischen Prozesses und der Gesetzgebung selbst nicht vorgreifen kann.

Zu den Kapiteln, die Sie angeschnitten haben, von der Gentechnik über die Frauenpolitik bis hin zum Tierschutz:

Ich halte es für wichtig, daß wir in Österreich mit unserem Bekenntnis, daß wir den Wettbewerb um Arbeit nicht gewinnen können, indem wir den Billig wettbewerb zu bestreiten versuchen, sondern nur dadurch, daß wir den Besser wettbewerb anstreben, uns zugleich dazu bekennen, in unserem Lande gegenüber Forschung und neuen Technologien grundsätzlich offen zu sein und diese auch zu unterstützen.

Sie wissen, daß es auch wesentliche Anwendungsbereiche der Gentechnik gibt, in denen die Chancen für die Menschen so stark überwiegen – zum Beispiel im Bereich der Medizin –, daß sie entsprechend unterstützt werden müssen. (Abg. Wabl: Da hat niemand etwas dagegen! Das hat niemand bestritten!) Es gibt aber – das sei gleich hinzugefügt – auch Anwendungsbereiche, in denen die Risken weit über dem Zusatznutzen stehen. (Abg. Wabl: Richtig! Da sind wir voll hinter Ihnen, Herr Bundeskanzler!) Insbesondere im Bereich der Landwirtschaft und der Lebensmittel ist große Vorsicht geboten. Ich denke, daß wir die Rahmenbedingungen gemäß unserem Grundsatz, daß jede Technologie nach deren Nutzen für die Menschen zu beurteilen ist, zu schaffen haben. (Abg. Wabl: Das haben wir damals auch bei der Atomtechnik gemacht, gemeinsam mit der SPÖ!)

Es geht darum, Entscheidungen zu ermöglichen, welche die Menschen die Chancen nutzen lassen und dabei die Risken minimieren. Die bestmögliche Sicherheit besteht darin, Sicherheit für die Konsumentinnen und Konsumenten zu schaffen, auch zum Beispiel durch die lückenlose Kennzeichnung innerhalb der Europäischen Union, die umfassende Information der Bevölkerung und die Einbindung der entsprechenden wissenschaftlichen Gremien und Organe.

Sehr geehrte Frau Abgeordnete! Ich darf Ihnen berichten, daß sich die zuständige Bundesministerin, Frau Mag. Barbara Prammer, genau zu dieser Stunde zu wichtigen Gesprächen in Sachen Gentechnik in Brüssel befindet, um bei den zuständigen Kommissionsmitgliedern aktives Lobbying für die österreichischen Positionen zu betreiben. Dabei geht es insbesondere um die Fortsetzung unserer Bemühungen im Bereich der Kennzeichnung von gentechnisch veränderten Lebensmitteln, um das österreichische Importverbot von gentechnisch verändertem Mais und um die österreichische Forderung in bezug auf die Änderung der Freisetzungsrichtlinie der Europäischen Union.

Sie wissen, daß sich die österreichische Bundesregierung – und insbesondere Frau Kollegin Prammer – wiederholt dafür eingesetzt hat, die Ziele des Gentechnik-Volksbegehrens zu unter


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