Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 106. Sitzung / Seite 188

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Aber in welcher Weise die Universitäten diese Möglichkeiten nutzen, wie sie sich vernetzen, welche Informationssysteme sie wählen werden, ist in meinen Augen wieder eine Frage der Autonomie. Darüber sollen die Universitäten selbst entscheiden.

Damit komme ich wieder auf den Punkt Autonomie zurück. Wie sieht es heute wirklich aus mit der seit dem UOG 1993 möglichen und festgeschriebenen Autonomie und deren Umsetzung? – Diese erfolgt, wie wir wissen und immer wieder hören, nur äußerst schleppend. Von budgetärer und personalmäßiger Autonomie ist nach wie vor keine Rede, wie wir aus Berufungsverhandlungen hören.

Es überrascht mich, Herr Minister, wie zahm diese heutige Debatte eigentlich verläuft, wenn ich mir Medienberichte der letzten Tage ansehe: Ministerium ohne Minister; Sie lassen quasi ihre Beamten im Stich. Der "Standschütze" aus Tirol beendet die "Schonzeit" Ihnen gegenüber, Herr Minister. Oder: "Geballte Kritik an Einems ,Lustlosigkeit‘". – Mir scheint, Sie sind derzeit eher mit einer lustvollen Programmdebatte über Ihr Parteiprogramm beschäftigt.

Außerdem wurde schon letzten Sommer von Kollegen Lukesch ein "heißer hochschulpolitischer Herbst" angekündigt. Da wundert es mich wirklich, wie zahm diese Debatte geführt wird, und ebenso wundert mich dieses furchtbare Wort "Schonzeit beenden", das Klubobmann Khol verwendet. – Stellen Sie sich vor, freiheitliche Politiker würden so etwas sagen, das wäre schrecklich. Aber Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen. Denn innerhalb der Koalition – oder, wie wir sagen: der schwarz-roten Einheitspartei – wird ohnehin nur mit Platzpatronen geschossen, und das überleben Sie leicht, Herr Minister. – Glückauf! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

20.50

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nun Herr Bundesminister Dr. Einem. – Bitte, Herr Bundesminister.

20.50

Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr Dr. Caspar Einem: Herr Präsident! Hohes Haus! Ich denke, es ist vielleicht gerade jetzt ein guter Zeitpunkt, selbst dazu noch ein Wort zu sagen. Herr Abgeordneter! Ich danke für die erfrischenden Zurufe, zumindest für den Ausdruck der Hoffnung, daß die Debatte noch lebhafter werden möge. Nur: Manches von dem, was Sie jetzt zitiert haben, zählt zwar zu den Lustbarkeiten der Alltagspolitik, aber nicht wirklich zu den substantiellen Auseinandersetzungen, um die es geht. Ich denke, heute sind hier durchaus substantielle Fragen angesprochen worden, und zu einigen wenigen davon möchte ich jetzt das eine andere oder andere Wort verlieren.

Ich denke, es ist bißchen merkwürdig, wenn hier im Hohen Haus eine Diskussion über die Frage geführt wird, ob es angemessen ist, daß die Studenten und Studentinnen auch eine angemessene Form ihrer Interessenvertretung üben und daß sie sich dabei vielleicht außerdem noch in der Anwendung demokratischen Instrumente üben. Wenn man ihnen dann vorwirft – wie Ihr Erstredner Grollitsch das getan hat –, daß sie sich auf diese Weise nur entwickeln, um schließlich Parteifunktionäre zu werden, kann man das meiner Ansicht nach durchaus auch anders sehen: Wenn Menschen bereit sind, sich für das Gemeinwohl auch unter Studenten zu engagieren, dann halte ich das primär für etwas, was wir anerkennen sollten und was durchaus auch eine Schule für ein gesellschaftspolitisches Engagement ist, von dem wir mehr brauchen könnten. (Beifall bei der SPÖ.)

Das zweite ist, daß ich diese Debatte um den dritten Prüfungstermin nicht ganz verstehen kann. Primär geht es darum, Chancen und Bedingungen zu schaffen, unter denen die Hochschüler, die Studenten es schaffen können, das universitäre System so rasch wieder zu verlassen, wie sie wollen. Das Problem, das wir heute haben und das vielfach mit dem – auch nicht sehr überlegt verwendeten – Wort "Massenuniversität" bezeichnet wird, besteht nicht darin, daß die Zahl der Studenten wesentlich stärker gestiegen wäre als jene der Lehrenden. Das Gegenteil ist wahr: Die Zahl der Lehrenden ist anteilig stärker gestiegen als die Zahl der Erstinskribienten.


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