Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 106. Sitzung / Seite 223

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Abgeordnete Dr. Ilse Mertel (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Mit den Worten "Unbestritten ist" beginnt die Begründung des Antrages der Grünen im Bericht des Finanzausschusses.

Unbestritten ist aber auch, daß eine flächendeckende Anzahl von Kinderbetreuungsplätzen zu den zentralen Anliegen der Familien, der Mütter, der Väter, der Kinder, gehört. Und unbestritten ist auch, daß es die Sozialdemokraten und -demokratinnen waren – und auch weiterhin sein werden –, die den zügigen Ausbau von Kinderbetreuungsplätzen vorangetrieben haben und vorantreiben, denn wir wissen, daß Österreich im internationalen Vergleich einen Nachholbedarf hat.

Unbestritten ist weiters, daß die Bundesregierung in ihrem Arbeitsübereinkommen festgelegt hat, daß für Kinder aller Altersgruppen qualifizierte Einrichtungen mit bedarfsgerechten Öffnungszeiten, also ganztägig und ganzjährig, zu schaffen sind, mit dem Ziel, eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu erreichen. Dafür, meine Damen und Herren, wurden 1997 seitens des Bundes 600 Millionen Schilling zur Verfügung gestellt, die von den Ländern zu verdoppeln waren.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich darf Ihnen in diesem Zusammenhang eine Bilanz präsentieren: Bis 15. Jänner 1998 wurden von den 600 Millionen Schilling des Bundes fast 514 Millionen Schilling investiert, und damit wurden 16 560 zusätzliche Kinderbetreuungsplätze in ganz Österreich geschaffen. – Soviel, Frau Kollegin Schaffenrath, zu einem neuerlichen Anlauf!

Wir wissen aus jüngsten Untersuchungen, daß 85 Prozent der Frauen zwischen 18 und 30 Jahren den Wunsch haben, eine Familie zu gründen. Wir wissen aber auch, daß sie den Wunsch haben, Beruf und Haushalt unter einen Hut zu bringen. Daher ist im Interesse der Frauen die Einrichtung von Kinderbetreuungsplätzen unerläßlich. Wir vertreten die Auffassung, daß qualifizierte Kinderbetreuung nicht nur der Entlastung der berufstätigen Eltern, Mütter und Väter, dient, sondern auch die ganz wichtige pädagogische Aufgabe des sozialen Lernens mit der Vermittlung der Fähigkeit des Lebens in der Gemeinschaft und der Teamfähigkeit erfüllt.

Wir meinen, daß sich die Öffnungszeiten an den Bedürfnissen der Berufstätigen zu orientieren haben, selbstverständlich aber auch an den Bedürfnissen der Kinder. Das heißt also: Sie müssen ganztägig und ganzjährig, auch während der Ferienzeit, geöffnet sein. Betreffend Öffnungszeiten haben vor allem manche Bundesländer noch einiges nachzuholen. Denn derzeit sind in den Bundesländern nur 54 Prozent aller Kindergärten ganztägig geöffnet, 23 Prozent schließen über Mittag, und weitere 23 Prozent bieten nur eine Halbtagsbetreuung an. Während in Wien 93 Prozent der Kindergärten ganztägig geöffnet sind, sind zum Beispiel in Tirol nur 4,9 Prozent der Kindergärten ganztägig und ohne Mittagspause offen.

Ich möchte hier betonen, daß durch den Ausbau der Kinderbetreuungsplätze auch Impulse für den Arbeitsmarkt gesetzt werden, nämlich im Hinblick auf die Schaffung qualifizierter Arbeitsplätze für Frauen. Wir treten daher auch dafür ein, daß das Betreuungspersonal, aber auch die Tagesmütter gut ausgebildet und selbstverständlich arbeits- und sozialrechtlich abgesichert sein müssen. Das betrifft auch die Privatkindergärten, Frau Kollegin Schaffenrath! (Beifall bei der SPÖ.)

Noch eine Anmerkung zur steuerlichen Absetzbarkeit von Betreuungskosten. Es stellt sich die Frage, wer diese Aufwendungen dann absetzen kann. – Absetzen können nur jene, die etwas mehr verdienen. Im aktuellen Vorschlag der Sozialdemokraten zur Reform der Familienförderung haben wir zusätzlich weitere 600 Millionen Schilling für Kinderbetreuungseinrichtungen vorgesehen. Ich freue mich darüber, vom Koalitionspartner diesbezüglich bereits Signale der Zustimmung erhalten zu haben. (Beifall bei der SPÖ.)

Abschließend möchte ich erwähnen, daß meine Fraktion selbstverständlich den Vorschlag von Frauenministerin Prammer unterstützt, ein Bundesrahmengesetz für Kinderbetreuung zu schaffen, das bundesweit einen einheitlichen Standard sicherstellen soll, ohne damit die regionalen Zuständigkeiten auszuhöhlen. (Beifall bei der SPÖ.)

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