Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 109. Sitzung / Seite 101

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nehmer, aber auch Arbeitnehmer die Dummen sein sollen, die sich an die sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften halten. Vorteile sollen jene haben, die so geschickt oder so gut beraten sind, daß sie Schlupflöcher erkennen, um sich so verhalten zu können, daß es zu Lasten der Allgemeinheit geht. – Das ist eine politische Absicht, der ich mich immer wieder mit voller Vehemenz entgegenstellen werde! (Abg. Dr. Kier: Das Gegenteil ist wahr!) Kollege Kier! Wenn Sie Ihre Aussagen aus der Pressekonferenz auf den Punkt bringen, dann, muß ich sagen, ist das Ihr Ziel! (Abg. Dr. Kier: Das ist eine bewußte Mißinterpretation!)

Sehr geschätzte Damen und Herren des Liberalen Forums! Ich erinnere Sie an die Debatte zu Beginn des heutigen Plenums! Da hat Frau Abgeordnete Dr. Schmidt gemeint, daß es zu einer Entkoppelung der Erwerbseinkommen von den Sozialsystemen und von der sozialen Sicherheit kommen soll. Dazu sage ich Ihnen: Das ist nicht mein Ansatz! Ich vertrete den gegenteiligen Ansatz, und das ist, wie ich meine, auch der Ansatz der Mehrheit in diesem Hohen Haus und auch der Mehrheit in der Bevölkerung! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Erwerbsarbeit und Sozialsicherungssysteme sind untrennbar miteinander verbunden. (Abg. Dr. Schmidt: Das ist ja etwas anderes! – Abg. Dr. Kier: Sie bringen das absichtlich falsch!) Nein, Frau Abgeordnete, nein! Ein Solidarausgleich, in den alle einbezogen sind, in dem Erwerbseinkommen kein Mascherl haben, aus welcher Art des Erwerbes eine Sozialversicherungspflicht entsteht ... (Abg. Dr. Schmidt: Sie wissen genau, daß das nicht gemeint war!) Frau Abgeordnete! Wenn ich mir die Aussagen aus der Pressekonferenz und die Intention Ihres Antrages vor Augen führe, dann kann ich nichts anderes vermuten als das, was ich jetzt gesagt habe! (Abg. Dr. Schmidt: Sie haben das bewußt falsch verstanden!)

Sehr geschätzte Damen und Herren! Überlegen Sie, was die Realisierung Ihres Antrages mit sich bringen würde! (Abg. Dr. Kier: Alle wären versichert!) Wem würde die Verwirklichung dieser Forderung nützen? – Ich möchte aus meiner Sicht die Antwort darauf geben: Sie würde Arbeitgebern nützen, die sich ungerechtfertigte Konkurrenzvorteile gegenüber ihren Mitbewerbern verschaffen wollen, indem sie freie Dienstverhältnisse anstelle regulärer Beschäftigungsverhältnisse anbieten.

Sie würden sich den Arbeitgeberbeitrag ersparen. Der Nachteil würde einerseits den Beschäftigten, andererseits aber die Finanzierung des Sozialversicherungssystems treffen. Außerdem würde es Arbeitgeber treffen, die geringfügige Beschäftigungen in einem Ausmaß vergeben, das die Bedürfnisse von Privathaushalten oder kleinsten Gewerbe- oder Handelsbetrieben übersteigt. Diese Arbeitgeber könnten sich Konkurrenzvorteile gegenüber ihren Mitbewerbern verschaffen. Massiv benachteiligt wären geringfügig Beschäftigte, weil sie nicht mehr die Möglichkeit hätten, in das System einbezogen zu werden.

Sehr geschätzte Damen und Herren! Der Grund dafür, warum ich in diesen Fragen so sensibel bin, ist die Tatsache, daß ich immer wieder mit Intentionen konfrontiert bin, die unser hervorragendes Sozialversicherungssystem unterlaufen wollen, die sich zu Lasten einer allgemeinen sozialen Gemeinschaft, einer Gemeinschaft der Versicherten persönliche Vorteile verschaffen wollen und somit ein System negativ belasten.

Sehr geschätzte Damen und Herren! Ich möchte aber sagen, daß einige Ansatzpunkte in Ihren Argumentationen enthalten sind, und ich halte es für wichtig, darüber nachzudenken. Ich stehe auch nicht an, das zu wiederholen, was ich schon im vergangenen Jahr gesagt habe, nämlich daß wir mit der neuen Regelung in den Sozialversicherungsrechten Neuland betreten haben und immer wieder evaluieren – Kollege Hums hört diesen Begriff nicht gern – oder hinterfragen, welche Regelungen in der Praxis einer Weiterentwicklung bedürfen. Wir werden auch mit der 55. ASVG-Novelle einige technische Klarstellungen und Formulierungen vornehmen, die vielleicht auch der Intention Ihres Antrages entsprechen. Durch Ihre Zwischenbemerkungen erwecken Sie den Eindruck, daß meine Einschätzung, daß Sie diese Regelungen eigentlich zu Fall bringen wollen, eine falsche ist. (Beifall bei der SPÖ.)

15.52

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Vielen Dank, Frau Bundesministerin.


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