Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 110. Sitzung / Seite 57

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internationales, europäisches Niveau. Es entspricht gutem europäischen Geist und den integrativen Kräften, und es ist gegen nationalen Chauvinismus gerichtet. Deshalb begrüße ich die Ratifikation dieser Übereinkunft, dieser Rahmenkonvention als einen ersten Schritt, dem gute nationale Schritte folgen mögen. (Beifall bei der SPÖ.)

12.15

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Mock. 10 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

12.15

Abgeordneter Dr. Alois Mock (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn wir heute – die Vorberatungen erlauben es, dies anzunehmen – einem bedeutenden Vertrag zustimmen, nämlich dem Rahmenübereinkommen zum Schutz nationaler Minderheiten, dann ist dies ein politisch wichtiger Vorgang, und zwar aus folgenden Gründen:

Zum ersten Mal wird ein Schutzübereinkommen für Minderheiten unter rechtliche Verbindlichkeit, unter rechtliche Obligation gestellt. Es hat Rechtswirkung, und damit sind zum ersten Mal wesentliche Grund- und Freiheitsrechte, die den Angehörigen einer ethnischen Gruppe zustehen, durch rechtliche Verpflichtungen gebunden. Man wundert sich eigentlich, daß es das bisher nicht gegeben hat. Zum ersten Mal – das ist ein bemerkenswertes Ereignis.

Zweitens: Durch diese Sicherung der Grund- und Freiheitsrechte ist eine Chance vorhanden, demokratiepolitische Fortschritte zu machen. Denn die Mehrheit benimmt sich dann so, wie es auch bei uns in der Verfassung steht: Vor dem Gesetz ist jeder Bürger gleich – eine Sache, von der allerdings Angehörige von Minderheiten oder auch die Bürger schlechthin nicht immer glauben, daß sie der Realität entspricht.

Drittens bedeutet die Stärkung der Minderheitenrechte eine Motivation für volles gesellschaftliches Engagement der Angehörigen von Minderheiten. Sie wissen jetzt, daß sie in diesem Staat daheim sind. In dieser Heimat fühlen sie sich wohl und sind in allen Bereichen willkommen.

Letztlich – und das ist nicht das letzte Argument dafür – stärkt dieses Übereinkommen mit dem Inhalt der Stärkung der Minderheitenrechte die innere Stabilität staatlicher Einheiten und die Sicherheit nach außen. In Österreich – mit seiner speziellen Lage und aus der Geschichte heraus – sind wir in einer Situation, daß Minderheiten auf der einen Seite der Grenze der Mehrheit auf der anderen Seite entsprechen, und gerade da geht es um ein gutes Verständnis und gute nachbarschaftliche Beziehungen aufgrund fester Verankerung der Minderheitenrechte.

Die Situation der Beziehungen zwischen Österreich und Slowenien oder zwischen Österreich und Ungarn ist auch für unsere Sicherheit entscheidend. Wir sind nicht allein in der Lage, für unsere Sicherheit vorzukehren. Gute, stabile Beziehungen zu den Nachbarländern sind ein wichtiger Faktor unserer Außenpolitik und ein wichtiger Faktor der äußeren Sicherheit. Das war der Fall, als wir uns bemühten, mit der Nachbarschaftspolitik über den Eisernen Vorhang hinweg Brücken zu bauen, und dieses Engagement für die Nachbarschaftspolitik ist auch jetzt wichtig, zum Zeitpunkt der Wende, zu dem es dort demokratische Regime gibt, die aber mit einem furchtbaren Erbe aus der Zeit des Kommunismus konfrontiert sind.

Ich bin daher sehr froh, daß die Beratungen dieser Vorlage immer wieder dazu führten, daß – ich möchte sagen – alle Fraktionen die Wichtigkeit einer guten Nachbarschaftspolitik hervorgehoben haben. Das beginnt bei uns ja beim Staatsoberhaupt, das sich verdienstvollerweise bis in die letzten Wochen herein sehr engagiert hat, auch die Ergebnisse des Südtirolpakets positiv zu gestalten. Der Bundespräsident hat sich dafür engagiert, eine breite Gesprächsbasis zu den Nachbarstaaten aufzubauen, und zwar nicht nur formell. Man trifft sich als Nachbar und Mensch und redet über alles.

Das gilt auch für den derzeit Verantwortlichen in der Außenpolitik, Dr. Schüssel, und sein Engagement dafür, die Minderheitenfrage zu deeskalieren, wo sie in der Nachbarschaft existiert. Das gilt für alle anderen Fraktionen, die ebenfalls aufgezeigt haben, daß Nachbarschaftspolitik wesentlich im Interesse unseres Landes ist. Wir sollten diese Linie unbedingt fortführen, vor allem weil es sehr, sehr viele Unruhefaktoren gibt.


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