Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 112. Sitzung / Seite 73

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Platz greift und diese 7,1 Milliarden Schilling abgeschrieben werden müssen – wahrscheinlich nicht gleich, vielleicht in einigen Jahren.

Das heißt, die Oesterreichische Nationalbank hat zwar Geld für eine Mithilfe beim Internationalen Währungsfonds, aber kein Geld für die von uns ins Treffen geführte Sonderdividende für die Finanzierung einer Steuerreform in Österreich. Ich möchte das nur einmal festgestellt haben. Wir haben für internationale Engagements Geld, für eine substantielle Entsteuerung in Österreich haben wir aber keines. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Bundesminister! Zur Frage des Vertrauens in die Kapitalmärkte. Ich meine, das ist schon sehr eigenartig: Da werden in Österreich und in Europa Industriearbeitsplätze wegrationalisiert – aufgrund von Lohndumping, Umweltdumping, sozialem Dumping, Kinderarbeit in diesen Staaten –, da werden Produkte nach Europa geliefert, anscheinend verträgt das die dortige Wirtschaft nicht, die Kapitalmärkte kommen ins Trudeln, und dann hat Europa und damit auch Österreich quasi die Verpflichtung zu übernehmen, 7,1 Milliarden Schilling an Kreditlinien dort zu eröffnen, um wieder für Ordnung zu sorgen.

Herr Bundesminister für Finanzen! Das ist schon allein deswegen wirtschaftspolitisch nicht einsehbar, weil wir – ich habe zusammengezählt, was wir in den letzten elf Monaten in diese multilateralen Finanzinstitutionen eingezahlt haben – in elf Monaten 11,27 Milliarden Schilling eingezahlt haben; das heißt, in Österreich machen wir Sparpakete, machen wir keine Steuerreform, lassen wir eine Abgabenquote von über 44 Prozent zu, aber in elf Monaten zahlen wir an diese Finanzinstitutionen 11,27 Milliarden Schilling.

Das entspricht nicht unserer Politik, der freiheitlichen Politik, die wir vertreten und die wir in der Regierungspolitik nicht widergespiegelt sehen. Wir meinen, dieses Geld sollte eher in Österreich als für internationale Finanzinstitutionen verwendet werden, wobei zum Beispiel der Europäische Rechnungshof außerdem noch kritisiert, die Treffsicherheit dieser Geldflüsse sei überhaupt nicht gewährleistet. Es gibt eine Studie, die besagt, daß von diesen Geldern der multilateralen Entwicklungshilfe – und das spielt hier auch eine Rolle – genau 8 Prozent ankommen, während 92 Prozent versickern.

Herr Bundesminister für Finanzen! Wir werden daher dieser Regierungsvorlage nicht die Zustimmung erteilen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

12.52

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Nächste Wortmeldung: Herr Abgeordneter Mag. Peter. – Bitte.

12.52

Abgeordneter Mag. Helmut Peter (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Lieber Abgeordneter Schreiner! Das war jetzt eine klassische Rede, die "globale Äpfel" mit "nationalen Birnen" vermischte. (Ruf bei den Freiheitlichen: Du warst schon einmal besser!) Die Dinge hängen nicht so zusammen, wie du es hier dargestellt hast. Zu sagen, die Kreditlinie, die die Oesterreichische Nationalbank dem Internationalen Währungsfonds einräumt, sei morgen obsolet und der Internationale Währungsfonds sei ein schlechter Schuldner, ist einigermaßen mutig, und das Ganze dann mit dem Lohndumping der new industrial countries zu verbinden, halte ich nicht für sinnvoll. Ich teile aber deine Auffassung, daß wir über das internationale Finanzsystem selbstverständlich nachdenken müssen.

Wir leben seit ungefähr 20 Jahren in einer Zinsfalle, wo die realen Zinsen höher sind als das reale Wachstum. Das heißt, der Kapitalstock in unserer Gesellschaft wächst exponentiell schneller als die Wirtschaft. Wenn dem so ist, nimmt der Kapitalstock, der mit den Zinserträgen exponentiell wächst, einen immer größeren Teil des Volkseinkommens für sich in Anspruch, und damit bleibt weniger für die Lohneinkommen übrig. Das spielt sich im wesentlichen im Finanzsektor und nicht im Sachsektor ab. Das ist doch der springende Punkt!

Wenn die Kapitalien in unserer Gesellschaft gleich verteilt wären, dann wäre das ja völlig gleichgültig: steigt eben der Anteil der Kapitaleinkommen, die Lohneinkommen sinken, und die Ein


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite