Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 115. Sitzung / Seite 54

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Meine Damen und Herren! Die Optionen sind klar. Ich verstehe nicht, daß die Regierung, die vor Jahren angetreten ist, um die großen Probleme in diesem Land zu lösen, diese klaren Optionen nicht einmal in einen Bericht hineinschreiben kann. Herr Außenminister, es geht nicht darum, noch weiter darüber zu diskutieren und irgendwelche Dinge mit der NATO abzuklären. Die Optionen sind klar. Wir verlangen Entscheidungen, Herr Außenminister! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wenn Sie diese Entscheidungen in der Regierung nicht treffen können, dann soll dieses Parlament entscheiden. Es ist auch ein Mißbrauch des Parlaments, Anträge einzubringen, über die zwar diskutiert, aber nicht entschieden werden darf, weil Sie in der Regierung ausgemacht haben, daß es im Parlament keine Beschlüsse gegen Ihre Intentionen geben kann.

Wenn Sie sich im Parlament nicht entscheiden können, dann lassen Sie doch die Bevölkerung über diese wichtige Frage abstimmen! Sie wird eine richtige Entscheidung in dieser Frage treffen, wenn es die entsprechenden Informationen gibt.

Sie hätten eigentlich die Aufgabe, solche Selbstverständlichkeiten rasch über die Bühne zu bringen, damit Sie sich wieder mit jenen Problemen befassen können, die die Bevölkerung aktuell und akut betreffen, wie etwa die Frage der Arbeitsplätze, der Bildungspolitik ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte den Schlußsatz!

Abgeordneter Herbert Scheibner (fortsetzend): Sie versuchen, mit dieser Debatte über die Sicherheitspolitik Ihr Scheitern in allen anderen wichtigen Bereichen zu kaschieren. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

11.22

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Martina Gredler. – Bitte, Frau Abgeordnete.

11.22

Abgeordnete Dr. Martina Gredler (Liberales Forum): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! (Der auf der Regierungsbank sitzende Vizekanzler Dr. Schüssel ist in ein Gespräch mit einem Abgeordneten vertieft.) Entschuldigen Sie, wenn ich nicht gleich beginne, aber ich möchte meine Äußerungen an den Herrn Bundesminister richten und deshalb auch seine Aufmerksamkeit haben.

Herr Khol! Sie haben davon gesprochen, daß die Tschechen gesagt hätten, sie hätten aus der Geschichte gelernt, auch in bezug auf den NATO-Beitritt, der heute im dortigen Parlament diskutiert wird. Zum Glück haben wir eine andere Geschichte gehabt als die Tschechen. Zum Glück haben wir nicht jene mühsame Zeit durchleben müssen, die die Tschechen durchlebt haben. Aber das ist noch kein Grund, der NATO beizutreten. Ganz im Gegenteil: Eine Identität in der Verteidigungsstruktur auf europäischer Ebene wäre das richtige Mittel! Aber das, Herr Khol, verschlafen Sie!

Sie haben gesagt, wir sollten die Option eines NATO-Beitrittes als die Realität wahrnehmen. Diese Option begründet sich eigentlich nur darin, daß es keine Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik in der Europäischen Union gibt. Eine solche zu erreichen, wäre ein erster Schritt! Der Außenminister könnte sein Haupt zu Recht mit Federn schmücken, wenn wir es schafften, in der Europäischen Union eine Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik zu etablieren. Eine gemeinsame Außenpolitik wäre dann im Paket mit der WEU zu sehen.

Daß es auch dann eine "Nabelschnur" zur NATO gibt, möchte ich gar nicht abstreiten, aber man sollte meiner Ansicht nach nicht die NATO verstärken, sondern die europäische Unabhängigkeit dazu nutzen, sicherheits- und außenpolitische Erwägungen gemeinsam durchzuführen: innerhalb Europas – und ohne Mr. Clinton fragen zu müssen. (Beifall beim Liberalen Forum sowie des Abg. Schieder. )


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