Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 115. Sitzung / Seite 139

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ordneter Scheibner, das ist Ihre Analyse in diesem Zusammenhang. Daß Sie die Ängste – die berechtigten Ängste – vorbringen, ist richtig, aber Ihre Antwort darauf ist falsch, denn es ist eine reaktionäre und unsolidarische Antwort! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Scheibner: Warum wollen die alle hinein?)

Sie sagen: Österreich zuerst! Auch ich sage: Österreich zuerst – aber die österreichische Sicherheit hängt unmittelbar damit zusammen, inwieweit der soziale Frieden in den Reformstaaten gesichert ist, ausgebaut und verbessert wird. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Scheibner: Richtig!) Und in diesem Zusammenhang sind auch wir verpflichtet ... (Abg. Scheibner: Aber ohne Sicherheit gibt es keinen sozialen Frieden!) – Herr Abgeordneter Scheibner! Sie wissen ganz genau, daß durch eine Osterweiterung allein im Sicherheitsbereich das Sicherheitsbedürfnis Rußlands stark beeinträchtigt wird. Das ist ja selbstverständlich! (Abg. Scheibner: Ja wenn Sie die Interessen Rußlands vertreten, ist das Ihr Problem!)

Ich vertrete nicht die Interessen Rußlands; ich sage nur, daß diese Länder selbstverständlich verunsichert werden, wenn die NATO näher an Moskau heranrückt. Natürlich werden dort die "Falken" zur Aufrüstung blasen und jene Menschen gestärkt werden, die glauben, daß der Kalte Krieg wieder beginnt. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)  – Aber das ist eine Denkkategorie, die Ihnen völlig fremd ist.

Sie meinen, Sie müßten hier eine Politik der Entsolidarisierung voranstellen und in Österreich immer sagen: Selbstverständlich, die Menschen sollen ihr Land aufbauen, in ihrem Land Sicherheit suchen, ihre Heimat gestalten. – Das ist schon richtig, aber dazu müssen sie auch Gelegenheit bekommen, und sie müssen die Unterstützung und die Kooperation der reichen westeuropäischen Länder haben! (Beifall bei den Grünen.) Daher ist es notwendig, daß wir bei gleichzeitigem Ernstnehmen der Ängste offene kooperative Verhandlungen führen.

In diesem Zusammenhang sage ich schon ganz offen zur ÖVP und zu den Sozialdemokraten: Das, was Sie in den letzten Jahren gemacht haben, war ein glattes Vernachlässigen dieser Problematik! Wo ist denn der Gewerkschaftsboß, wo sind denn die großen Verbindungen der Europäischen Gewerkschaft, die als Einheit auftritt, um genau im arbeitsrechtlichen Bereich gleiche Standards für alle zu erkämpfen, um gemeinsame Levels bei der Zahl der Wochenarbeitsstunden zu erreichen? Wo ist denn das europäische Niveau für Mindestlöhne, die gezahlt werden sollen, die von der Gewerkschaft erkämpft worden sind – von der Europäischen Gewerkschaft, nicht nur von der kleinkrämerischen österreichischen Gewerkschaft? Wo sind die europaweiten ökologischen Standards, die von Österreich erkämpft wurden, wobei der Herr Landwirtschaftsminister auch auftreten könnte?

Herr Landwirtschaftsminister Molterer! Wenn Sie während der EU-Präsidentschaft ein klares Ziel vorgeben, wie kann dieses dann nur ausschauen, um die österreichische Landwirtschaft abzusichern? – Sie müssen dann gemeinsam mit den europäischen Landwirtschaftsministern die ökologischen und sozialen Standards sichern und selbstverständlich dafür sorgen, daß bei internationalen Verhandlungen im Rahmen der WTO darauf gepocht wird: Wenn in Österreich ein Pestizidverbot herrscht, wenn in Österreich Ökosteuern eingeführt werden, wenn in Österreich Umweltstandards eingeführt werden, dann muß dies selbstverständlich auch für die importierten Waren gelten! Selbstverständlich! Dafür müssen Sie sich einsetzen, und dann wird es einen klaren Fortschritt nicht nur zum Wohle Europas und Österreichs – was unser erstes Anliegen ist –, sondern zum Wohle sämtlicher Länder und sämtlicher Völker dieser Erde geben. Wenn es Globalisierung gibt, dann kann es nur eine solche geben, bei der die Gerechtigkeit zunimmt, die sozialen und ökologischen Standards steigen, sodaß nicht nur Märkte erobert werden.

Herr Stummvoll hat selbstverständlich recht mit seiner Aussage – er weiß ganz genau, wovon er redet, wenn er von der Osterweiterung spricht –, daß eine Ausweitung der Exportchancen im Hinblick auf die Oststaaten stattgefunden hat, nämlich von 7 Milliarden auf 37 Milliarden – auch im Landwirtschaftsbereich, Herr Kollege Reichhold! Was ist denn geschehen? – Nicht die osteuropäischen Länder haben an uns landwirtschaftliche Produkte geliefert, sondern wir haben dort Absatzmärkte gefunden. Dort sind endlich einmal die Läden voll! (Abg. Ing. Reichhold: Super, wozu eine Osterweiterung?) Die Leute müssen sich nicht mehr anstellen, um Fleisch zu

 


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