Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 115. Sitzung / Seite 144

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ment Rede und Antwort zu stehen, wie wir das heute in der Früh gesehen haben? (Beifall bei den Freiheitlichen.) Sie haben das letztlich vor Ihrem Gewissen und auch gegenüber dem Auftrag, den Ihnen der Wähler gegeben hat, zu verantworten.

Wir meinen, daß nach einer achtjährigen Debatte – acht Jahre wird hier in Österreich über die Sicherheitspolitik nach der Wende im Osten debattiert – jetzt alle Fakten auf dem Tisch liegen, und wir haben letztlich hier im Parlament die Verantwortung, tatsächlich noch vor dem Sommer darüber abzustimmen.

Meine Damen und Herren! Wenn ich sage, es gab eine achtjährige Debatte, so erinnern wir uns doch alle gemeinsam daran, wie denn diese Debatte begonnen hat, wie Sie auf den Beginn dieser Debatte reagiert haben, als unser Parteiobmann Jörg Haider im Sommer 1990 erstmals erklärt hat: Der Kommunismus ist am Ende, es hat die Wende gegeben, jetzt müssen wir auch darauf reagieren, jetzt müssen wir uns die Frage stellen, ob die Neutralität noch den Anforderungen der Sicherheitspolitik gerecht werden kann oder ob nicht eine Bündnismitgliedschaft dem Sicherheitsbedürfnis unseres Landes besser entsprechen würde. – Ein Sturm der Entrüstung ist damals über die Freiheitlichen beziehungsweise über den freiheitlichen Parteiobmann hinweggefegt. (Abg. Dr. Krüger: Staatsfeind Nummer 1!) Was man da nicht alles gesagt hat: Staatsfeind Nummer 1; er will die österreichische Identität zerstören und anderes mehr.

Heute hört sich alles ganz anders an. Es ist ja auch zuzugestehen, daß zumindest manche in diesem Haus lernfähig gewesen sind. Aber, meine Damen und Herren, warum dauert dieser Lernprozeß bei Ihnen so lange? – Andere Staaten haben sich wesentlich rascher zu klaren Entscheidungen durchringen können. Wenn Sie sich die morgigen Zeitungen ansehen, Herr Kollege Schieder, meine Damen und Herren von der SPÖ, dann können Sie lesen, daß es etwa in Tschechien eine überwältigende Mehrheit für den NATO-Beitritt gegeben hat, daß nur mehr die radikalen Kräfte links wie rechts gegen eine derartige Integration in das westliche Verteidigungsbündnis gestimmt haben. Ich verstehe nicht, warum es im demokratischen, im westlichen Österreich nach wie vor eine so große politische Gruppe gibt, die sich mit derartigen Argumenten noch anfreunden kann. (Abg. Schieder: Es ist interessant, daß Sie es in der EU nicht wollen, aber in der NATO schon! Das ist nämlich entlarvend!)

Herr Kollege Schieder! Das kann ich Ihnen schon sagen. Ich danke Ihnen für den Zwischenruf. Wissen Sie, was der Unterschied ist? – Sicherheitspolitik ist ein klarer Auftrag, ist eine klare Materie, die am besten gemeinsam mit der Staatengemeinschaft organisiert wird; und die vorhandenen Sicherheitsbündnisse entsprechen genau dem, was wir unter einer internationalen Integration verstehen (Abg. Schieder: Menschenrechte, Kultur, Wirtschaft, alles nichts?) : daß man für jedes Mitgliedsland einen eigenen Vertrag abschließt, daß man ungleiche Voraussetzungen auch ungleich behandelt und nicht, wie das in der Europäischen Union der Fall ist, alles über einen Kamm schert. Auch wenn Staaten unterschiedliche Voraussetzungen, unterschiedliche Wirtschaftskraft, unterschiedliche Zugänge zu den einzelnen Instrumenten auch der Europäischen Union haben, muß dort alles gleich behandelt werden. Es wird zentralistisch organisiert, es gibt Richtlinien, die von Brüssel ausgehen. (Abg. Schieder: Und die NATO ist so föderalistisch?)  – Das sind die Probleme, die wir mit der Europäischen Union haben, Herr Kollege Schieder. In der Sicherheitspolitik ist es so, daß etwa die NATO mit jedem Beitrittskandidaten einen eigenen Vertrag abschließt, in dem die Rechte und Pflichten klar abgegrenzt sind.

Ich glaube, daß Sie das verstehen, Herr Kollege Schieder, aber hier dürfen Sie eben auch nicht so reden, wie Sie es gerne täten (Abg. Schieder: Bei uns darf man mehr als bei Ihnen!) , wenn es Ihnen wirklich darum ginge, daß Österreich in die sicherheitspolitischen Organisationen eingebunden ist. Fragen Sie doch auch die anderen Repräsentanten Ihrer Partei, die ja mit dabei sind, wenn wir als Beobachter – leider nur als Beobachter! – etwa in der Parlamentarierversammlung der NATO und der Westeuropäischen Union sind. Während man sieht, welche Aufbruchstimmung in der sicherheitspolitischen Entwicklung herrscht, was sich da in den letzten Jahren abgespielt hat, daß ehemalige Feinde an einem Tisch sitzen und gemeinsam die sicherheitspolitischen Strukturen der Zukunft aufbauen, sitzen wir Österreicher buchstäblich in der letzten Reihe hinter den Säulen und dürfen beobachten, aber nicht mitreden und nicht mitentscheiden.


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