Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 115. Sitzung / Seite 193

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Herr Kollege Nowotny und Herr Kollege Khol – er ist gerade nicht da – waren heute die Erstredner. Ich habe über weite Strecken wirklich geglaubt, sie kommen von einem anderen Planeten, denn der Herr Kollege Khol ... (Abg. Mag. Steindl: Beide sind da! – Abg. Dr. Khol stellt sich vor seinen Platz und blickt demonstrativ zum Redner.) Ja, das freut mich sehr! Denn ich muß Ihnen sagen, daß ich als Obmannstellvertreter für die Sektion Handwerk und Gewerbe in der niederösterreichischen Wirtschaftskammer ganz andere Dinge erlebe. Die Handwerker und Gewerbetreibenden beschäftigen ja 75 Prozent der österreichischen Arbeitnehmer. (Abg. Murauer: Das ist ja nichts Neues!) Was Sie darstellen und was die Handwerker, was die Klein- und Mittelbetriebe zurzeit wirklich erleben, das klafft derart auseinander, daß ich mich fragen muß: Woher haben Sie Ihr Wissen?

Für Herrn Kollegen Nowotny habe ich Verständnis. Er sagt immer: Ich bin Theoretiker. (Abg. Dr. Nowotny: Das sind ja Fakten!) Da kann es schon sein, daß ein Wirtschaftstheoretiker die Dinge anders sieht als der Praktiker. Das nehme ich zur Kenntnis. (Abg. Mag. Stadler: Vor allem, wenn er in die Nationalbank will!) Praxis und Theorie können auseinanderklaffen. Aber bei Ihnen, Herr Kollege Khol, denke ich mir, es wäre vielleicht besser, Sie würden sich Ihre Reden zum Budget von jemand anderem schreiben lassen, denn es ist nicht einmal mehr märchenbuchwürdig, Herr Kollege Khol, was Sie heute in dieser Richtung von sich gegeben haben. (Abg. Mag. Kukacka: Das hat er nicht notwendig!) Wissen Sie nicht, Herr Kollege Khol, daß Ihr Kollege Farnleitner, Herr Minister Farnleitner, ein Mitfunktionär in der Wirtschaftskammer, krampfhaft darüber nachdenkt, wie er die Klein- und Mittelbetriebe entlasten könnte, denn er weiß genau, daß diese Klein- und Mittelbetriebe, die 75 Prozent der Arbeiter und Angestellten beschäftigen, in großen, in fürchterlichen Schwierigkeiten sind.

Aber was soll ich Ihnen sagen? (Abg. Mag. Steindl: Gar nichts!)  – Sie haben Jahre hindurch eine Budgetpolitik gemacht, Herr Minister, die Sie ein Ziel hat erreichen lassen: Sie erfüllen jetzt die Konvergenzkriterien. Diese haben Sie im Griff, da fährt die Eisenbahn drüber. Nur, der Preis dafür, die Konvergenzkriterien zu erfüllen, ist hoch: Arbeitslosigkeit, extreme Belastungen für die Steuerzahler, für die Bürgerinnen und Bürger, Kaufkraftverlust, daher auch die Schwierigkeiten der Klein- und Mittelbetriebe, und 1,2 Millionen Österreicherinnen und Österreicher leben an der Armutsgrenze.

Wenn Sie mir das nicht glauben, Herr Minister, dann ist es für mich einfach, Ihnen zu beweisen, daß Sie keinen Spielraum für Investitionen haben. (Abg. Großruck: Ihr braucht eh keinen Beweis!) Ihr Tortenstück dort, das mittlerweile verschwunden ist, muß man meiner Meinung nach als Ganzes sehen, und man braucht keinen Keil mehr zu suchen, der Ihnen zur Verfügung steht. Ich kann Ihnen das deswegen beweisen, weil das Institut für Gewerbe- und Handwerksforschung mittlerweile die Erhebung über das erste Quartal 1998 durchgeführt hat. Hören Sie sich bitte an, Herr Minister, was darin steht! Der Anteil öffentlicher Aufträge am Gesamtauftragsbestand hat einen neuen historischen Tiefstwert erreicht. Seit 1990 stehen österreichweit durchschnittlich erstmals nur 16,3 Prozent zur Verfügung. (Abg. Mag. Steindl: Wo steht das?) Der Anteil der öffentlichen Aufträge an sämtlichen Aufträgen in Österreich ist auf 16,3 Prozent abgesunken! (Abg. Mag. Mühlbachler: Sind die anderen so gut?) Nein, der Herr Minister hat kein Geld. Er kann nichts investieren. Er ist nicht in der Lage, Investitionen tätigen zu lassen, um die Wirtschaft zu beleben. Das ist sein Problem. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es geht aber weiter. Insgesamt bleiben die Umsatzentwicklungen im ersten Quartal nunmehr das sechste Jahr in Folge im negativen Bereich. Für den Zeitraum von Jänner bis März 1998 melden 71 Prozent der Betriebe im Bereich Handwerk und Gewerbe stagnierende, 23 Prozent gesunkene und lediglich 5 Prozent gestiegene Umsätze. Das sind Statistiken, die, bitte, anerkannt werden müßten. Ich könnte sie Ihnen für den gesamten österreichischen Bereich zur Verfügung stellen. Wir stecken in einer Konjunkturflaute, die diese Betriebe nicht mehr lange aushalten werden.

Ich gebe Ihnen mein Wort darauf: Dieses Budget, das Sie für 1999 beschließen, trägt dieselben Züge. Die Betriebe werden nicht ausgelastet sein, diese Entwicklung wird sich fortsetzen, die Rechnung wird Ihnen 1999 ebensowenig aufgehen wie 1998, und die bittere Pille kommt im Jahr 2000. Sie werden es erleben, Herr Minister! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

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