Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 115. Sitzung / Seite 196

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schaftliche Organisation, neue Technologien, Umwelt und industrielle Entwicklungen. Da lese ich Begriffe, über die ich hier im Hause erst sehr selten etwas gehört habe, Herr Präsident Verzetnitsch, und ich halte es für bewundernswert, wie diese Gewerkschaft die Zeichen der Zeit erkannt hat. Da lese ich über die Industriepolitik, daß die historische Schwäche des Privatkapitals in Österreich durch die dominante Rolle der verstaatlichten Industrie zu lange ausgeblendet wurde. (Abg. Dr. Khol: Da sind wir stolz auf unsere Gewerkschaft! – Zwischenruf des Abg. Nürnberger. )

Da kann ich weiters lesen, daß sich durch den industriellen Fortschritt und die damit verbundene Einführung neuer Technologien und neuer Managementpolitik die Berufsbilder der Industrie und Gewerbebeschäftigten verändern. Drastisch formuliert, verschwindet der klassische Industriearbeiter im tayloristischen Sinn, und es erfolgt eine stärkere Integration von planender und ausführender Tätigkeit. (Abg. Dr. Khol: Laichmann, ein klasser Bursch!) Der Lebenszyklus der Produkte und damit der verschiedenen Berufsgruppen hat sich extrem verkürzt, und in Klammer wird hinzugefügt – man höre und staune! –: Natürlich verkürzen sich tendenziell auch die Lebenszyklen einzelner Unternehmen.

Meine Damen und Herren! Darin besteht die Herausforderung. Wie dankbar wäre ich, wenn wir über die in diesem Schreiben angesprochenen Themen diskutieren würden! Wann kommt Ihr Aufruf, Herr Präsident Verzetnitsch? – Der Aufruf nämlich: Lieber Sozialpartner Wirtschaft, setzen wir uns zusammen! Besprechen wir diese Themen, bis wir alle erkannt haben, was da geschieht! Wäre das schon geschehen, dann hätten wir keinen Paritätischen Ausschuß im Rahmen der Wirtschaftskammer, wie Sie, Herr Präsident Verzetnitsch, ihn verlangt haben, damit wir die Tischlereibetriebe vom Gewerbe zur Industrie umgruppieren. Wozu denn das? (Abg. Verzetnitsch schüttelt den Kopf.)  – Selbstverständlich wurde dieser Paritätische Ausschuß von Ihnen verlangt, Herr Präsident Verzetnitsch! Meine Zeit und die Zeit vieler anderer haben Sie damit in Anspruch genommen, dort umzugruppieren, wo es nicht um Löhne und Gehälter geht, sondern nur darum, vom Gewerbe zur Industrie umzugruppieren. Das ist nicht die Herausforderung der Zukunft! (Abg. Verzetnitsch: Ostern ist schon vorbei!)

Vielmehr geht es darum, Arbeitsplätze und Lehrplätze zu schaffen, Herr Präsident Verzetnitsch! Die Tischlereibetriebe in der Sektion Gewerbe bilden 8 000 Lehrlinge aus, jene in der Sektion Industrie 300 Lehrlinge. Jetzt wollen Sie also umgruppieren. Aber da gibt es in einer Firma einen Betriebsrat, der folgendes sagt – Sie lieben es ja, Herr Präsident, wenn Unternehmen etwas sagen; jetzt sage ich Ihnen einmal, was ein Betriebsrat sagt (Abg. Verzetnitsch: Nur zu!)  –: Wir sprechen uns als Betriebsrat dagegen aus, daß wir umgruppiert werden. Wir sehen durch die sinkende Wochenarbeitszeit eine Kapazitätsreduktion von fast 4 Prozent. Die damit steigende Kostenstruktur verschlechtert die Wettbewerbsfähigkeit unseres Unternehmens und gefährdet damit direkt Arbeitsplätze. Gerade in unserer Region ist dies unverantwortlich. (Abg. Leikam: Und das um elf! – Abg. Dr. Khol  – in Richtung des Abg. Verzetnitsch –: Na, was sagst jetzt?)

Da heißt es weiters: Wir haben investiert, daß unser Unternehmen handwerklich orientiert ist. (Abg. Leikam: 14 Stunden Diskussion!) Hinter einem solchen Marktauftritt kann kein künstlich geschaffener Industriebetrieb stehen. Wir verlieren beim Konsumenten unsere Glaubwürdigkeit. – Da bittet ein Betriebsrat, keine Veränderung vorzunehmen, aber der Herr Präsident der Gewerkschaft, Präsident Verzetnitsch, wünscht eine Umgruppierung!

Herr Präsident Verzetnitsch! Ich bringe dies hier vor, denn vielleicht schaffen wir es einmal. – Lächeln Sie nicht darüber, Herr Präsident! Machen Sie sich nicht lustig, wenn ich das hier als Abgeordnete und Unternehmerin sage! Es ist meine Zeit, die ich damit verbracht habe, um in Ihrem Auftrag tätig zu werden. (Abg. Mag. Stadler  – in Richtung Abg. Verzetnitsch –: Herr Präsident! Nicht schmunzeln!) Ich sollte diese Zeit meinem Betrieb widmen können, auch um Arbeitsplätze zu schaffen, und es sollte nicht der Fall sein, daß Betriebe und Betriebsräte verunsichert werden! (Beifall bei der ÖVP.)

Was wir wollen, Herr Präsident Verzetnitsch, ist, Arbeitsplätze zu schaffen, auch in Zusammenarbeit mit der Gewerkschaft der Privatangestellten, Sektion Industrie und Gewerbe. Ich bin gerne bereit, als Abgeordnete in Gespräche darüber einzutreten. Wenn wir das hier im Parla


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