Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 122. Sitzung / Seite 138

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Meine Damen und Herren! Trotz des unternehmerischen Credos, daß die Mitarbeiter ihr größtes Kapital sind, sehen die Unternehmer die Aus- und Weiterbildung als Bringschuld des Arbeitnehmers. Damit wird die Weiterbildung zur Privatsache und zu einem zeitlichen und finanziellen Problem. So liegen zum Beispiel die Kursgebühren zur Vorbereitung auf die Berufsreifeprüfung zwischen 20 000 und 30 000 S; dazu kommen noch 4 000 bis 5 000 S Prüfungsgebühren.

Weiterbildungsmaßnahmen müssen, so meine ich, auch einkommensschwächeren Personen zugänglich sein, um den Teufelskreis: wenig Einkommen – keine Ausbildungsmöglichkeiten, Dequalifizierung – noch weniger Einkommen und schlußendlich Verlust des Arbeitsplatzes, durchbrechen zu können. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

18.40

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Brinek. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

18.40

Abgeordnete Dr. Gertrude Brinek (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Wenn ich die Debatte und den Ausblick auf das Budget gewissermaßen resümiere, dann kann ich zwischen zwei Gruppen unterscheiden: den ungezügelten Veränderern einerseits und den unbeweglichen Beharrern andererseits.

Die ungezügelten Veränderer wollen Schule total umbauen: Autonomie ohne Philosophie, ohne Ziel, ohne Methode, ohne Konzept, sozusagen das Alte auf jeden Fall verlassen, ohne sich über das Neue Gedanken zu machen. Die unbeweglichen Beharrer sind genausowenig brauchbar für die Zukunft, denn sie meinen, es sei sowieso alles gut, daher müsse nichts geändert werden. Sie ignorieren, daß eine lernende Gesellschaft auch eine lernende Schule braucht.

Daher kann das Konzept nur ein Konzept der Mitte sein. Das klingt simpel, ist aber bei genauerem Hinsehen enorm anstrengend.

Ich stelle in einem zweiten Gedanken die Überlegungen vor, die Hans-Christian Reichel angestellt hat. Er ist Universitätsprofessor an der TU-Wien, Lehrerbildner, Informatiker, Mathematiker und der Österreichexperte im sogenannten TIMMS-Studien- und Bewertungsverfahren. Er hat nicht nur aus der internationalen Perspektive, sondern aus der Gesamtbefassung mit der Zukunft von Schule drei Problemzonen und Antworten formuliert.

Problemzone und Antwort eins: In unserem Schulwesen gibt es viel Routine. Die Routine ist wichtig, vor allem wenn wir an die schwächeren, an die mittelbegabten Schüler denken. An der Routine, an der Routineaufgabe kann man sich in gewisser Weise anhalten, orientieren. Reichel fordert in diesem Zusammenhang, in Zukunft aber noch mehr anspruchsvollere Fragestellungen zu entwickeln, auf selbständige Lösungen hinzuarbeiten. – Wir müssen nur wissen: Das ist ein ehrgeiziges Konzept.

Zweiter Punkt: Er sagt, die Streuung der Inhalte, der Probleme im Schuljahr muß besser gelingen. Was ist damit gemeint? – Unser Wissen ist nach Schularbeitsperioden und nach Schularbeitszeiten gegliedert. Das hat eine juristische Konsequenz wie zum Beispiel Einspruchsmöglichkeiten und andere mehr.

Drittens schließlich sagt er, das schulische Lernen braucht insgesamt mehr Gewicht. Vielfach wird das Lernen als bloßes Büffeln von Einzelwissen verschrien, als Paukerei von gestern verunglimpft. Es wird dabei vergessen, daß Überblickswissen nur gelingen kann, wenn es Basiswissen gibt. Ich schließe mich diesem Punkt vollinhaltlich an, damit es – wie Reichel so schön sagt – nicht zu einem Stricken ohne Wolle kommt. Also das Stricken ohne Wolle kann nicht das Zukunftskonzept sein. (Abg. Schieder: Garn nehmen! Nehmen Sie Garn!)

Was ist zusammenfassend daraus zu schließen? – Schule muß und soll sich auf die Hauptaufgabe, nämlich Lernen und Bildung, konzentrieren. Das ist für mich persönlich und einige andere auch die Conclusio aus den ersten Schritten zum Lehrerleitbild. Übrigens orien


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