Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 130. Sitzung / Seite 28

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Meine Damen und Herren! Ich hatte gestern das Vergnügen, mit hohen Vertretern der Kommission zu diskutieren. Die österreichische Präsidentschaft hat sich keine Latte gesetzt, und zwar aus dem Grund, um auf jeden Fall einen Erfolg zu garantieren. Einen "Spaziergang" mit vielleicht einer ganz geringen Steigung wird sich Österreich wohl zutrauen können, und deshalb hat man nicht einmal definiert, worauf man nach sechs Monaten eigentlich stolz sein möchte. Es gibt überhaupt keine Information darüber, was Österreich eigentlich wirklich wichtig ist und welche Fortschritte wir erreichen möchten. Überschriften haben wir alle genug gehört, aber Überschriften sind keine Zielvorgaben, sondern stellen bestenfalls einen Kalender dar, der dazu dient, Ziele zu erreichen.

Die Bundesregierung sieht sich offensichtlich in der Präsidentschaft als Verwalter, als Überbringer von Dossiers aus der englischen Präsidentschaft in die deutsche Präsidentschaft, aber nicht als Politikmanager. Ich glaube aber, daß wir eigentlich hochkarätige Politikmanager hätten, wenn Sie es nur erkennen würden – nur, Sie haben es bis jetzt nicht erkannt.

Ich hoffe, daß die Bundesregierung – und damit komme ich zum Schluß – zum Anwalt der Osterweiterung wird. Ich sage das deswegen, weil in den Bundesländern sämtliche hohen Funktionäre der ÖVP und der SPÖ ununterbrochen gegen die Bürgerinnen und Bürger in den osteuropäischen Staaten wettern. Ich halte das für keinen konstruktiven Beitrag. Ich würde mir wünschen, daß es da zu einem massiven Fortschritt kommt und daß wir demnächst unsere Kolleginnen und Kollegen in den Nachbarstaaten in Europa begrüßen können. Das ist ein Ziel, das es wert wäre, angestrebt zu werden. – Danke. (Beifall beim Liberalen Forum.)

10.19

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gemeldet hat sich der Herr Staatssekretär. Ich erteile es ihm.

10.19

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Dr. Peter Wittmann: Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Zunächst einige Bemerkungen zu den Debattenbeiträgen. Ich darf zur Behauptung des Herrn Abgeordneten Stadler festhalten, daß sich der Artikel 67 ausschließlich auf jenen Teil bezieht, der in den Vertrag neu aufgenommen wurde, und daß hinsichtlich der ersten Säule immer ein Initiativrecht der Kommission bestanden hat und daß dies nur für das neu in den Vertrag aufgenommene Kapitel gilt. (Abg. Jung: Es wurde nichts anderes behauptet!)

Zur Behauptung, daß der Bundeskanzler seiner Informationspflicht nicht nachgekommen wäre, möchte ich eindeutig festhalten, daß sich der Bundeskanzler ausschließlich an internationale Gepflogenheiten gehalten hat und daß die Usancen, die üblicherweise in der Präsidentschaft eingehalten werden sollten, auch eingehalten wurden. Ich glaube, daß das ein Ausdruck der Höflichkeit, der Entschlossenheit und auch des Respekts vor der Präsidentschaft ist. Selbstverständlich ist der Bundeskanzler dann, wie vereinbart, mit seinen Informationen an die Öffentlichkeit gegangen.

Zum Vorwurf, daß sich die Bundesregierung für die österreichische Präsidentschaft in der EU keine Latte gesetzt hätte, möchte ich eindeutig festhalten: Beim Gipfel von Cardiff wurden bestimmte Problemkreise angesprochen, die weiterhin zu behandeln sind. Selbstverständlich wird die österreichische Bundesregierung diese Problemkreise weiterhin bearbeiten. Es ist auch klar, daß die Interessenlage der Kommission oft eine andere ist als die der Präsidentschaft, aber ich darf Ihnen versichern, daß die Ambitionen der österreichischen Bundesregierung sehr hoch sein werden und wir konkret die Erledigung der Bereiche Agenda 2000 und Osterweiterung mit aller Vehemenz und ohne Verzögerung weiter verfolgen werden. Über die Ergebnisse des Gipfels von Cardiff wird auch eine Diskussion im Parlament stattfinden, und zwar mit den uns eigenen Mechanismen, die Sie alle kennen und die etwas anders sind als jene in Deutschland.

Eines ist jedenfalls klar: Wir wollen eine aktive Präsidentschaft führen, eine Präsidentschaft, die jene Problemkreise, die zur Lösung anstehen, so weit bringt, wie es notwendig ist, um dann letztendlich zu Entscheidungen zu finden.


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