Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 130. Sitzung / Seite 32

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Geht es nun um Beschäftigung, oder geht es – und das ist unsere Meinung – mehr oder weniger um die Ausschaltung des Parlaments? Die wenigen Mitbestimmungsrechte, die das Parlament bekommen hat, wiegen das nicht auf, was an Kompetenzverteilung auf der anderen Seite in Richtung Rat und Kommission gegangen ist: sei es die Verstärkung von Justiz und Innerem, von Europol und Schengen – eine Richtung, die zu mehr Polizei, zu mehr Justiz anstatt zu mehr Demokratie führt.

Das alles könnten wir heute diskutieren, hätten Sie von ÖVP und SPÖ nicht schon vor einigen Wochen ganz andere Schwerpunkte betreffend diesen Vertrag von Amsterdam gesetzt. Wenn man nämlich während der letzten Wochen die Zeitungen aufmerksam gelesen hat, dann ist einem schon klar geworden, daß sowohl Klima als auch Schüssel in diesem Vertrag von Amsterdam ganz anderes sehen, was übrigens auch manche meiner Vorredner tun.

Es ist zwar nett, wenn manche meiner Kolleginnen und Kollegen hier in aller Ausführlichkeit auf diesen Vertrag eingehen, aber eigentlich ist es am Thema vorbei, das Thema verfehlt. Man konnte beobachten, wo die Bundesregierung längst die Schwerpunkte gelegt hat: bei der gemeinsamen Verteidigungspolitik, bei der Frage der Eingliederung der WEU in die EU, und daß sie nach Möglichkeiten sucht, daß Österreich sich möglichst bald, möglichst schnell und möglichst effizient an der WEU beteiligen kann und wie man sich an der derzeit bestehenden Verfassung Österreichs und dem derzeit bestehenden Neutralitätsgesetz Österreichs vorbeischwindeln könnte.

Es gab von Bundeskanzler Klima bereits im April Aussagen, in denen er darauf hingewiesen und deutlich gemacht hat, daß eine möglichst schnelle Angliederung an die WEU im Interesse Österreichs sei. Es gab Anfang Mai Aussagen von Außenminister Schüssel, der dasselbe sagte und darauf hingewiesen hat, daß es das zentrale Anliegen sein sollte, mit der Ratifizierung des Amsterdamer Vertrages – wie Sie es nennen – in einer Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik Klarheit zu schaffen. Deshalb sollten sich vielleicht einige nicht herausstellen und so tun, als ginge es noch um Sachpolitik.

Herr Kollege Schieder! Frau Kollegin Gredler! Da geht es nicht um Sachpolitik. Da geht es längst nicht mehr um die Ratifizierung des Amsterdamer Vertrages. Da geht es einzig und allein um die Weichenstellung einer Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik. Es geht einzig und allein um eine möglichst schnelle, reibungslose Eingliederung Österreichs in diesen Prozeß, der WEU heißt, in diese Westeuropäische Union – unter dem Dach der Europäischen Union. (Beifall bei den Grünen.)

Interessanterweise scheint Ihnen dann das, was im Vertrag von Amsterdam drinnen steht, noch zuwenig zu sein und zuwenig rasch zu gehen. Denn wie anders ist es sonst erklärbar, daß Sie als Regierungsparteien, vertreten durch Ihre Klubobleute, einen Initiativantrag einbringen, der sozusagen noch ein bißchen beschleunigen soll, was der Vertrag von Amsterdam ohnedies vorsieht. Sie müssen uns dieses Kunststück schon erklären, wie Sie das zustande bringen wollen, daß im Vertrag von Amsterdam zwar eine gemeinsame Vorgehensweise bei der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik vorgesehen ist, daß aber – darauf berufen Sie sich ja auch immer – die konstruktive Stimmenthaltung sehr wohl enthalten ist. Das war sozusagen das Hintertürl für die neutralen Staaten. Das war das Hintertürl für die allianzfreien Staaten.

Mit Ihrer Verfassungsänderung machen Sie genau dieses Hintertürl wieder zu; genau diese Bestimmung über die konstruktive Stimmenthaltung wird mehr oder weniger außer Kraft gesetzt. Sie stellen nicht nur per Verfassung fest, daß Österreich an der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der Union mitwirkt, sondern halten auch ausdrücklich fest, daß das auch die Mitwirkung an den sogenannten Petersberger Aufgaben und daher an den bewaffneten Kampfeinsätzen mit einschließt. Sie gehen genau um den Schritt weiter, den der Vertrag von Amsterdam vorsieht. Genau das tun Sie! (Zwischenruf des Abg. Schieder. )

Sie gehen sogar noch einen Schritt weiter: Sie setzen damit das außer Kraft, was bisher Verfassungskonsens war, nämlich daß Österreich sich nur dann an bewaffneten Auslandseinsätzen,


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