Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 130. Sitzung / Seite 38

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Sie von der ÖVP haben die Neutralität schon längst abgeschrieben. Aber vor nicht allzulanger Zeit hieß es: "Abschaffung der Neutralität kommt für mich nicht in Frage." Das hat der damalige Minister Schüssel gesagt; das war im Jahr 1996. "Wir müssen alles daransetzen, klarzumachen, daß der 13. Oktober" – das war der Tag der Europa-Wahlen – "keine Abstimmung über die Neutralität ist." Ihr Generalsekretär, Herr Kollege Khol, hat das gesagt. Sie wissen da gut Bescheid mit Ihrem In-den-Tabernakel-Stellen. Sie holen, wie bei der Messe, die Neutralität nach Bedarf heraus oder stellen sie wieder hinein – wie es gerade paßt.

Das ist die Doppelzüngigkeit, die wir Ihnen vorwerfen, denn jetzt sagen Sie ja schon, daß damit die Neutralität für den Bereich der EU außer Kraft ist. Das ist doch alles wirklich nichts anderes als eine grobe Täuschung des Wählers, Herr Kollege Khol, die wir sicher nicht mitmachen werden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die SPÖ ist gezwungen, sie mitzumachen. Man hat sich seitens der SPÖ lange gegen den SOFA-Vertrag gewehrt, über ein halbes Jahr hat man ihn abgeblockt, und dann plötzlich war Schluß, und die Kollegen Blecha und Schieder haben zurückgezuckt. Ja, was war denn das? – Es fällt auf, daß das zur Zeit der 33 Millionen war. Hat vielleicht Ihr Kollege Rudas Ihren Klub unter Druck gesetzt, sodaß Sie auf einmal handzahm geworden sind? Diese Frage muß man sich wirklich stellen, Herr Kollege Schieder.

Nun noch abschließend etwas, was ich Ihnen ganz gerne vorlesen möchte: "Eine Neutralitätskonzeption, wie sie sonst augenzwinkernd verfolgt würde, wäre der Übergang von der immerwährenden zur fallweisen Neutralität. Das ist kein seriöses und ernstzunehmendes Konzept. Es ist daher im Interesse des Ansehens des Landes abzulehnen." – Wissen Sie, wer das gesagt hat? – Das ist aus dem "Falter" von Kollegen Einem, von Ihrem Genossen Einem. Der sagt Ihnen, was Sie machen, und meint, das sei im Interesse des Ansehens der Republik abzulehnen.

Allerdings muß man sich schon eines fragen. Der Herr ist ja auch in der Ministerriege. Wieso hat er da im Ministerrat nichts getan? (Abg. Schieder: Fragen Sie ihn! – Abg. Dr. Gusenbauer: Fragen Sie ihn!) Das ist wiederum ein Zeichen für die Doppelzüngigkeit innerhalb der SPÖ!

Faktum ist: Heute wird ein Beschluß gefaßt werden, der die Sicherheitspolitik Österreichs auf Dauer beeinflußt, jedoch anscheinend nicht abhängig ist von Überlegungen, von Rücksichtnahmen auf die Verfassung, nicht abhängig ist von der sicherheitspolitischen Situation Österreichs – sonst hätten Sie den Optionenbericht erstellt –, sondern einzig und allein von der inneren Befindlichkeit der SPÖ. Davon machen Sie die Außenpolitik Österreichs abhängig – und das kann nicht mitgetragen werden, Herr Kollege Schieder! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

11.01

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Cap. Ich erteile ihm das Wort.

11.01

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Diese Diskussion ist mit Interesse zu verfolgen, weil ich glaube, daß sie ganz grundlegende Bereiche unseres Selbstverständnisses berührt. Vielleicht ist sie ein wenig zu einseitig, aber das ist im Moment die Debatte, die zu führen ist.

Wir alle wissen, daß es im Amsterdamer Vertrag – im Vorwort ist es so schön beschrieben – auch um andere Dinge geht als nur um die Frage der Neutralität und der Sicherheitspolitik. Da geht es um innere Sicherheit, Personenverkehr, justitielle Zusammenarbeit, um die Weiterentwicklung von Regelungen, Beschäftigung, Sozialpolitik, Umwelt, Gesundheit, Menschenrechte. Ich möchte diese Bereiche einfach einmal aufzählen, damit sie hier auch genannt werden, weil wir die ganze Zeit über etwas anderes diskutieren. – Und jetzt werde auch ich über etwas anderes sprechen, weil es eine sehr kontroversielle Debatte ist. (Präsident Dr. Neisser übernimmt den Vorsitz.)


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