Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 130. Sitzung / Seite 96

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Anstatt ein Konzept für eine nachhaltige steuerliche Entlastung der Arbeit vorzulegen, hat sich die Koalitionsregierung in der letzten Zeit vorwiegend bemüht, ihr nahestehende Gruppen zu bedienen:

So wurde für eine Kreditkarten-Tochter der Bank Austria und des Raiffeisensektors das Umsatzsteuergesetz rückwirkend geändert, weil dieser auf Grund einer Betriebsprüfung eine Umsatzsteuernachzahlung in Höhe von mehreren hundert Millionen Schilling vorgeschrieben wurde. Wie man sieht, helfen gute Beziehungen zur SPÖ-Spitze sogar, wenn man weniger Steuern zahlen will.

Ein anderer aktueller Fall ist das von der ÖVP beim Finanzminister eingereichte Ansuchen auf Nachsicht von Aussetzungszinsen in Höhe von rund 1 Million Schilling, ,mit dessen positiver Erledigung mit großer Wahrscheinlichkeit zu rechnen ist’ (so ÖVP-Generalsekretärin Rauch-Kallat in einem Brief an die Finanz). Weiters heißt es in diesem, am 2. Juni 1998 beim Finanzamt eingelangten Brief: ,Auf unser o.a. Steuerkonto Nr.xxx, Referat 16, haftet der Betrag von öS 990.362,07 aus, welcher aus den Aussetzungszinsen gemäß Bescheid über den Ablauf der Aussetzung der Einhebung vom 12. Oktober 1995 resultiert und gemäß Bescheid über die Bewilligung von Zahlungserleichterungen vom 10.12.1997, Einbringungsstelle, bis 30.6.1998 gestundet wurde.

Wir beantragen nun neuerlich in offener Frist die Stundung des angeführten Betrages bis 1 Monat nach Erledigung unseres Nachsichtsansuchens, mindestens jedoch bis 31. Dezember 1998’.

Auch hier handelt es sich um eine Abgabe, die von den zuständigen Finanzbeamten zu Recht vorgeschrieben wurde und die mittlerweile – weil die ÖVP nicht zahlen wollte – mit entsprechendem politischen Druck nachgesehen wurde. Diese Vorgangsweise ist nach Auskunft von Steuerberatern höchst erstaunlich, da Anträge auf Nachsicht – vor allem von Aussetzungszinsen – so gut wie nie positiv erledigt werden.

Für alle Bürgerinnen und Bürger, die nicht über so gute politische Verbindungen verfügen wie die SPÖ-nahe Bank Austria oder die ÖVP, muß sich die Frage stellen, ob es sich hier um Protektion handelt.

Diese Fragen müssen sich auch alle Unternehmen stellen, die insgesamt mehr als 3 Milliarden Schilling an Außenhandelsförderungsbeiträgen gezahlt haben und noch Jahre, nachdem der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 24. November 1994, Zl. 94/16/0182, entschieden hat, daß diese Abgabe zu Unrecht eingehoben wurde, auf die Rückzahlung warten mußten. Die Rückzahlung dieser unrechtmäßig kassierten Gelder erfolgte äußerst schleppend, da sich das Bundesministerium für Finanzen und die Wirtschaftskammer nicht einigen konnten, wer für die Rückzahlung aufkommen muß. Einigung konnte nur dahin gehend erzielt werden, daß das Höchstgericht diese Frage klären sollte, weshalb die betroffenen Unternehmer lange auf ihr Geld warten mußten.

Die SPÖVP-Bundesregierung hat offenbar nicht die Absicht, in absehbarer Zeit die Steuerbelastung der Österreicherinnen und Österreicher nachhaltig zu senken, wie dies von allen Experten gefordert wird. ,Der Bundesminister für Finanzen tritt im Gegenteil für eine neuerliche Verschiebung einer Steuerreform bis zum Jahre 2001 ein, die darüber hinaus ohnedies nur aufkommensneutral sein soll, das heißt keine wirkliche Senkung der Steuern bringen soll‘ (,Die Presse‘, 16. Juni 1998).

Die unterfertigten Abgeordneten richten daher an den Bundesminister für Finanzen gemäß § 93 Abs. 1 GOG-NR nachstehende

Dringliche Anfrage:

1. Teilen Sie die Auffassung, daß sich die in den letzten Jahren erheblich zugenommene Steuerbelastung der Österreicherinnen und Österreicher für den Wirtschaftsstandort Österreich negativ auswirkt?


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