Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 130. Sitzung / Seite 103

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bezweifeln –, ebenso wie Niedrigsteuerländer mit niedrigem Pro-Kopf-Einkommen, zum Beispiel Spanien und Griechenland.

Österreich ist das viertreichste Land der Europäischen Union, mit einer nur leicht – nicht wie Sie sagten: bedeutend – über dem Durchschnitt liegenden Steuerquote. Aus diesem Grund meine ich, daß es nicht zutrifft, daß die hohe Steuerbelastung eine echte Gefahr für den Wirtschaftsstandort Österreichs wäre, wie Sie es meinen. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Entwicklung der Direktinvestitionen nach Österreich in den letzten Jahren zeigt, wie attraktiv Österreich für internationale und nationale Investitionen ist – nicht zuletzt aufgrund seines Steuersystems. Keine Frage, daß wir diese attraktive Steuersituation für den Standort beibehalten, gleichzeitig aber den Anreiz zu mehr Beschäftigung über eine Entlastung des Faktors Arbeit verstärken wollen. Dies sollte zu einer Senkung der Steuerquote beitragen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Weiters darf ich betreffend die in der Einleitung der Dringlichen Anfrage gemachten Ausführungen zur Steuerbelastung, wonach die Abgabenquote im Jahre 1996 45,7 Prozent betragen hätte, an dieser Stelle festhalten, daß dieser Wert nicht den aktuellen Berechnungen des statistischen Amtes der Europäischen Union, dem Eurostat, entspricht. Laut aktuellen Angaben von Eurostat betrug die Abgabenquote 1996 nur 44,2 Prozent. Sie war somit um 1,5 Prozent niedriger, als in der Dringlichen Anfrage behauptet wird. (Abg. Haigermoser: Und wie hoch war sie 1997?) Ebenso ist es unrichtig, daß die Abgabenquote in den Jahren von 1989 bis 1996 um 3,8 Prozent gestiegen ist, wie in der Dringlichen Anfrage behauptet wird. Richtig ist vielmehr, daß der Anstieg deutlich darunter liegt. (Abg. Haigermoser: Nämlich? Wo liegt er? Wie hoch ist er?)

Ich erlaube mir auch zu bemerken, daß für den Zeitvergleich mit dem EU-Durchschnitt ein Ausgangsjahr gewählt wurde, das es zuläßt, ein möglichst negatives Bild von Österreich zu zeichnen. Bei einem echten Zehnjahresvergleich – und ich glaube, es ist wichtig, das so zu sehen –, und zwar von 1986 bis 1996, liegt der Anstieg der österreichischen Steuerquote deutlich unter jenem des EU-Durchschnitts. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Es ist des weiteren wichtig, die Steuern im Zusammenhang mit den Transfers zu sehen. Die etwas über dem Durchschnitt liegende österreichische Steuerquote ist ja nicht zuletzt darauf zurückzuführen, daß beispielsweise die Familien- beziehungsweise Kinderförderung in Österreich sozialer und frauenfreundlicher geregelt ist, als dies in vielen anderen Ländern der Fall ist. Die Tatsache, daß diese im wesentlichen über Transfers an die Mütter erfolgt, wobei zu bemerken ist, daß der Kinderabsetzbetrag in der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung und folglich auch in der Eurostat-Steuerstatistik nicht als Abzug von der Einkommens- und Lohnsteuer, sondern als Transfer verbucht wird, führt gleichzeitig zu einer Erhöhung der Steuer- und Transferquote gegenüber einer Freibetrags- oder Splittingregelung, obwohl im Aggregat, wie Sie wissen, dieselbe Auswirkung auf die privaten verfügbaren Einkommen gegeben ist.

Es ist jedoch klar, daß Freibetrags-, vor allem aber Splittingmodelle hohe Einkommen wesentlich stärker und niedrige praktisch überhaupt nicht begünstigen.

Auch eine gut ausgebaute Sozialversicherung – das wird doch wohl niemand als Nachteil betrachten – führt zu einer höheren Steuerquote. Insofern ist der zitierte Spruch, daß die Bürgerinnen und Bürger vom 1. Jänner bis 12. Juni allein für die öffentliche Hand arbeiten müßten, zwar populistisch plakativ, wird jedoch auch durch häufige Wiederholung, meine ich, nicht richtiger. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Daß die Österreicher heuer mehr Steuer zahlen als vor drei Jahren, ist erfreulicherweise hauptsächlich darauf zurückzuführen, daß sie auch mehr verdienen als damals. Das Bruttoinlandsprodukt wird 1998 um fast 300 Milliarden Schilling über jenem von 1995 liegen, sodaß bei konstanter Steuerquote die Steuereinnahmen alleine aufgrund dieses Wachstums um gut 120  Milliarden Schilling gestiegen wären.


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