Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 130. Sitzung / Seite 108

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Herr Staatssekretär! Es besteht für Sie im Zusammenhang mit diesen Fragen großer Erklärungsbedarf, der weit über den ÖVP-Anlaß hinausgeht.

Erfreulicherweise hat DDr. Kurt Neuner, angeblich ein ÖVP-Steuerberater, in einem Schreiben vom 8. Juni 1998 die Fakten zum VP-Steuerskandal klar aufgelistet. Interessant ist folgendes: Im Frühjahr 1997 hat das zuständige Finanzamt für Körperschaftsteuern den Akt an das Ministerium mit der Bitte um Stellungnahme übermittelt. Drei Jahre ist dort nichts geschehen, Herr Staatssekretär! Drei Jahre ist im Bundesministerium für Finanzen in dieser Causa nichts geschehen, es ist der Akt irgendwo gelegen, vielleicht beim Herrn Staatssekretär Ditz in der Schublade. (Abg. Haigermoser: Ein Irrläufer! Wie beim Rosenstingl!) Vielleicht ein Irrläufer! – Nach diesen drei Jahren hat das Finanzministerium festgestellt – das ist eine "epochale" Aussage! –, daß das Erstfinanzamt entscheiden soll, daß es das selber machen soll.

Ich kenne die Mitarbeiter, die hohen Beamten im Finanzministerium, die für den Bereich der Umsatzsteuer zuständig sind, als hervorragende Fachleute, und ich sage Ihnen eines: Ohne entsprechende Weisung oder Intervention hätten diese hochqualifizierten Beamten im Finanzministerium keine drei Jahre benötigt, um zu sagen, daß das Finanzamt entscheiden soll. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Dann hat es, meine Damen und Herren, weitere eineinhalb Jahre gedauert, bis das Finanzamt die entsprechenden Bescheide erlassen hat. In diesen drei Jahren wurde der Steuerrückstand nicht vorgeschrieben. Es hat sich die ÖVP zirka eine halbe Million Schilling an Zinsen erspart, weil der Steuerbetrag nicht vorgeschrieben wurde. Das könnte man weiterspielen: Insgesamt siebeneinhalb Jahre hat die ganze Sache nicht funktioniert.

Herr Staatssekretär! Da gäbe es noch viele Dinge aufzuklären. Zum Beispiel: Am 12. Oktober 1995 ist die Aussetzung der Einhebung aufgehoben worden. Erst am 10. Dezember 1997, also zwei Jahre später, ist ein neuer Zahlungserleichterungsbescheid ergangen. Was ist in diesen zwei Jahren geschehen? Welchen Status hatte dieser Abgabenrückstand: war er geregelt oder nicht geregelt? Warum wurden keine Einbringungsmaßnahmen gesetzt? Und so weiter.

Das ist eine sehr "interessante" Vorgangsweise, von der "normale" Steuerpflichtige nur träumen können!

Man müßte aber auch noch dazusagen, daß gemäß § 212a Bundesabgabenordnung die Behörde zwingend die Aufhebung der Aussetzung hätte veranlassen müssen. Doch da ist die Behörde säumig gewesen – freiwillig, über Anweisung, mit Augenzwinkern? Das hätte ich von Ihnen, Herr Staatssekretär, gerne erfahren!

Herr Staatssekretär! Daß die Begründung für die Nachsicht der Aussetzungszinsen wasserdicht ist, kann ich mir nicht vorstellen.

Eine Nachsicht ist doch nur dann zulässig, wenn entsprechende Voraussetzungen erfüllt werden. Interessant ist auch, daß es jahrelang gedauert hat, bis das Nachsichtsansuchen erledigt wurde, obwohl im § 311 Abs. 1 BAO steht, daß die Abgabenbehörde dazu verpflichtet ist, über einen Antrag auf Nachsicht ohne unnötigen Aufschub zu entscheiden.

Herr Staatssekretär! Was waren die Gründe für diesen Aufschub, was war der Grund dafür, daß dieses Nachsichtsansuchen drei Jahre lang nicht erledigt wurde? Drei Jahre hat man dazu gebraucht! Im Gesetz, nämlich in der Bundesabgabenordnung, heißt es: "ohne unnötigen Aufschub"! Man könnte ellenlang Gründe dafür aufzählen.

Herr Staatssekretär! Dieses Steuergeschenk an die ÖVP wird bei "Otto Normalverbraucher", also beim Steuerzahler, kein Verständnis finden. Ich darf Ihnen dazu noch folgendes sagen: Ich war zehn Jahre lang Mitarbeiter in der Finanzverwaltung, bin nun fast drei Jahrzehnte lang Wirtschaftstreuhänder und Steuerberater, aber in diesen fast vier Jahrzehnten ist mir kein einziger Fall untergekommen, der eine Nachsicht von Aussetzungszinsen oder Stundungszinsen bei negativer Beurteilung in der Hauptsache gebracht hätte. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

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