Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 130. Sitzung / Seite 107

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Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke, Herr Staatssekretär.

Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Böhacker. – Bitte.

15.32

Abgeordneter Hermann Böhacker (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Zum Ersten: Sehr geehrter Herr Staatssekretär, Ihrer Beantwortung dieser unserer Dringlichen Anfrage entnehme ich, daß diese Bundesregierung in Steuerfragen ohne die Steuerreformkommission absolut hilflos ist – hilflos und "nackt" wie ein kleines Kind! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Zum Zweiten: Herr Staatssekretär, Sie haben gesagt, daß die Steuer- und Abgabenquote im Jahre 1996 nicht 45,7  Prozent betrug. Ich habe hier eine Aussendung von Eurostat, darin steht folgendes: 1996 45,7  Prozent gegenüber 1989 41,9  Prozent. Das ist ein Anstieg um 3,8 Prozentpunkte oder, gerundet, von zirka 9 Prozent. (Abg. Haigermoser: Was ist jetzt die Wahrheit?)

Zum Dritten: Die rückwirkende Änderung des Umsatzsteuergesetzes ist eine typische Anlaßgesetzgebung. Herr Staatssekretär, es dürfte auch Ihnen bekannt sein, daß eine entsprechende Betriebsprüfung stattgefunden hat und aufgrund dieser Betriebsprüfung die entsprechenden Vorsteuerbeträge hätten vorgeschrieben werden sollen. Aber erst durch die rückwirkende Änderung des Umsatzsteuergesetzes wurde es möglich, daß es zu keiner millionenschweren Nachzahlung bei der Umsatzsteuer gekommen ist – und das vor dem Hintergrund der höchsten Abgabenquote der Zweiten Republik. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Haigermoser: Das schaut ganz anders aus!)

Nun, Herr Staatssekretär, zu dem sogenannten VP-Steuerskandal, dem Steuergeschenk an die Österreichische Volkspartei. (Ruf bei der ÖVP: Was?) Ich habe, Herr Staatssekretär, aus rechtlichen Gründen Verständnis dafür, daß Sie sich auf die Verschwiegenheitspflicht berufen. Mein Verständnis hält sich aber in Grenzen, wenn ich daran denke, wie mit Steuerakten von Politikern der Freiheitlichen in der Vergangenheit umgegangen wurde. Wer bitte hat denn den Steuerbescheid des Bundesparteiobmannes Dr. Jörg Haider an die Öffentlichkeit gespielt? – Jörg Haider sicherlich nicht! Wahrscheinlich jemand aus dem Ministerium. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP.)

Herr Staatssekretär! Ich kann es verstehen, daß Sie nicht gern darüber sprechen, daß man der Österreichischen Volkspartei ein millionenschweres Steuergeschenk gemacht hat. Das ist mir schon klar! Nur, Herr Staatssekretär: So billig können Sie es sich wirklich nicht machen! Hat doch jüngst in der "Aktuellen Stunde" Kollege Stummvoll ob der langen Dauer des Verfahrens massiv Kritik an der Finanzverwaltung geübt. Stimmt es nicht? Das war in der "Aktuellen Stunde". (Abg. Dr. Stummvoll: Ja!) Ich gebe Ihnen recht, Herr Abgeordneter, nur man muß hinterfragen, warum diese Sache so lange nicht erledigt worden ist.

Meine Damen und Herren! Aus meiner Sicht ist dieses Steuergeschenk, diese Nachsicht von Aussetzungszinsen dem Prinzip der Gleichmäßigkeit der Besteuerung widersprechend. (Abg. Dr. Stummvoll: Überhaupt nicht! Da gibt es viele andere Fälle auch!) Das ist ein Schlag ins Gesicht jedes ordentlichen Steuerzahlers und führt zur Schaffung von zwei Klassen von Steuerzahlern und widerspricht meines Erachtens dem Inhalt und dem Geist des § 236 der Bundesabgabenordnung. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Darüber hinaus ist die Aussetzung des Abgabenrückstandes nach Erledigung des Berufungsverfahrens über den Zeitraum der Beschwerde beim VfGH hinaus gesetzeswidrig gewesen. (Abg. Auer: ... Rosenstingl!) Es ist nett, Kollege Auer, daß Sie hier einen Konnex zwischen der ÖVP-Steuerpolitik und dem Rosenstingl herstellen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Kollege Auer! Für mich ist mein ehemaliger Kollege Rosenstingl ein mutmaßlicher Krimineller. Wenn Sie die ÖVP mit ihrer Steuerpolitik in dieser Hinsicht vergleichen wollen, dann ist das Ihre Angelegenheit – nicht meine! (Neuerlicher Beifall bei den Freiheitlichen.)


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