Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 130. Sitzung / Seite 110

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Wir sind stolz darauf, daß es uns gelungen ist, in schwierigen Zeiten in Österreich für die Beschäftigung wesentlich mehr zu machen als andere. Darauf können wir mit Recht stolz sein! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Ich möchte aber doch auch ein paar Worte zu dem Zusammenhang zwischen Besteuerung und Beschäftigung sagen, auf den Sie ebenfalls hingewiesen haben. Allerdings ist dieser Zusammenhang nicht so einfach, wie Sie es hier dargestellt haben.

Es gab in den USA eine einschneidende Phase der Steuersenkung unter Reagan nach der Philosophie der Laffer-Kurve. Das Ergebnis war das größte Budgetdefizit, das die USA jemals gehabt haben. Als Reaktion darauf haben die USA die Steuersätze erhöht, und zwar interessanterweise im Bereich des Spitzensteuersatzes und auch im Bereich der Kapitaleinkommensgewinne, wobei zu beachten ist – Sie haben in Ihrer Dringlichen Anfrage selbst darauf hingewiesen –, daß Kapitaleinkommensgewinne in den USA deutlich höher besteuert werden als in Österreich. Es hat dann zusätzlich eine expansive Geldpolitik und andere Maßnahmen gegeben.

Insgesamt liegt der Anteil der Einkommensteuer am Bruttoinlandsprodukt – und das ist ein interessanter Punkt! – in den USA ungefähr auf dem gleichen Niveau wie in Österreich. Der Anteil der indirekten Steuern ist in den USA allerdings wesentlich geringer, weil sie keine Mehrwertsteuer haben, da die Umsatzsteuer von den einzelnen Staaten eingehoben wird.

Der große Unterschied zu den USA liegt im Bereich der Sozialversicherungsbeiträge. In den USA werden in der Tat nur 7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Sozialversicherungsbeiträge verwendet. In Österreich ist es mehr als doppelt so viel, nämlich 15 Prozent. Das ist wahrscheinlich das, was Sie in Ihrer Dringlichen Anfrage "die gierigen öffentlichen Hände" nennen. Nur glaube ich, sagen zu können, daß der überwiegenden Zahl der Österreicher ein System der sozialen Sicherheit, wie wir es in Österreich haben, auch bei höheren Sozialversicherungsbeiträgen, wesentlich lieber ist als ein amerikanisches System, bei dem zwar weniger Sozialversicherungsbeiträge gezahlt werden, aber große Armut und Unsicherheit in weiten Schichten der Bevölkerung herrscht. Ich glaube, daß wir davon ausgehen können, daß wir mit gutem Grund den richtigen Weg gewählt haben. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ein weiterer Punkt ist die Frage des Verhältnisses der Steuern zu Arbeit und Kapital. Da entwickelt sich ein Ungleichgewicht, das ist richtig. Ich kann diesbezüglich auf eine jüngste EU-Studie verweisen, in der auch darauf hingewiesen wurde, daß zwischen 1980 und 1995 die steuerliche Belastung des Faktors Arbeit im europäischen Durchschnitt von 34,7 Prozent auf 40,5 Prozent gestiegen ist, während sie bei den übrigen Produktionsfaktoren Kapital und selbständige Arbeit von 44 Prozent auf 35 Prozent gesunken ist. – Dies ist auch in einer Graphik illustriert worden.

Das heißt, die steuerliche Belastung des Faktors Arbeit, des weniger mobilen Faktors, ist gestiegen, während die steuerliche Belastung des Faktors Kapital, des mobileren Faktors, gesunken ist. Das ist genau die Folge des Steuerwettbewerbs, den Sie, Herr Kollege Prinzhorn, als die Lösung für Europa anpreisen! Der Effekt dieses Steuerwettbewerbs ist, daß Kapital entlastet und Arbeit immer stärker belastet wird. Wenn Sie das wollen, müssen Sie es auch deutlich sagen. Wir jedenfalls wollen das nicht! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Dipl.-Ing. Prinzhorn: Machen Sie etwas dagegen!)

Es gibt, wie Sie sicherlich wissen, dazu auch entsprechende Vorschläge der EU-Kommission. Es gibt Vorschläge von Kommissar Monti für eine einheitliche Mindestquellensteuer in bezug auf Zinseinkommen. Es gibt Vorschläge in bezug auf die Körperschaftsteuer. (Abg. Dipl.-Ing. Prinzhorn: 20 Prozent! Aber bald sind es schon 25!) Sie kennen wahrscheinlich auch den Ruding-Report mit einer Mindeststeuer von 35 Prozent im Bereich der Körperschaftsteuer. – Das sind konkrete Vorschläge! Dafür arbeiten wir!

Das wird ein Schwerpunkt unserer Arbeit im Rahmen der EU-Präsidentschaft Österreichs sein, das haben wir auch angekündigt. Ich würde Sie ersuchen – ich glaube, daß das letztlich auch in Ihrem Interesse ist –, diese Vorschläge und Aktivitäten zu unterstützen. Es ist in unser aller Interesse, daß unser Staat genügend Mittel hat, um öffentliche Leistungen zu finanzieren, und


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