Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 130. Sitzung / Seite 116

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gewicht hält. Sie können in einem offenen Markt innerhalb der Europäischen Union keine nationale Wirtschaftspolitik herkömmlichen Maßes mehr nachfrageorientiert betreiben, sondern Sie können nur mehr innerhalb dieser Europäischen Union, die per se eine nachfrageorientierte Politik betreiben kann, Standortpolitik betreiben.

So Ihre Worte bei der Aktuellen Stunde. Trotzdem haben Sie das sehr mißverständliche Akronym "Arbeit schaffen – Steuer senken" drübergesetzt.

Steuern senken werden Sie auch nur können, wenn Sie Ausgaben senken. Das ist der Vorwurf der Opposition, und das ist es auch, was Prinzhorn Ihnen vorgeworfen hat. Sie haben keine Kosten gesenkt, Sie haben keine Strukturen verändert. Das ist das Problem, warum Sie die hohen Steuern brauchen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Nehmen Sie doch bitte zur Kenntnis: Mehr als 3 Prozent Wirtschaftswachstum werden Sie auf Dauer nicht haben – Sie werden die 3 Prozent nicht halten –, doch in dieser Zeit haben Sie eine zusätzliche Neuverschuldung im Budget von 2,7 Prozent. Was machen Sie, wenn Ihnen das Wirtschaftswachstum einbricht – Gott mecht’ abhit’n! –, was machen Sie, wenn die Asienkrise und die Rußlandkrise bis Mitteleuropa durchschlagen – Gott mecht’ abhiten! –, was machen Sie dann? Die Steuern noch weiter erhöhen, damit Sie die Maastricht-Ziele erreichen? Und diese Steuererhöhungen werden dann keine Rolle spielen für die wirtschaftliche Entwicklung in diesem Land?

Herr Staatssekretär! Ich meine, Sie haben es sich in der Beantwortung dieser Frage zu einfach gemacht. Insgesamt wird ein hochentwickeltes Land mit einem hohen sozialen Netz selbstverständlich eine höhere Steuer- und Abgabenquote haben als ein unterentwickeltes Land. Das gestehe ich Ihnen zu. Wenn Sie das aber aus den Augen verlieren und die Eigendynamik, die eine Steuer- und Abgabenquote hat, aus den Augen verlieren, werden Sie die Wirtschaft schwer gefährden. Und das kann nicht in Ihrem Interesse liegen! (Beifall beim Liberalen Forum.)

16.12

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Van der Bellen. (Abg. Dr. Van der Bellen: Geht’s wieder?) Die Uhr funktioniert wieder. – Bitte.

16.12

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Peter! Es ist wirklich komplizierter, auch als Sie glauben. Der Zusammenhang zwischen Steuerquote, Abgabenquote und Wirtschaftswachstum ist nicht so, wie Sie sagen. Es tut mir leid. (Abg. Mag. Peter: Ich höre Ihnen gerne zu!) Wenn die Steuerquote irgendein Niveau überschreitet, wir wissen nur nicht, welches – Sie haben dieses Beispiel gebracht –, wenn sie irgendwo bei 100 Prozent wäre, wird das nicht besonders wirtschaftswachstumsfreundlich sein, denn wer reißt sich dann noch am Riemen? Das stimmt schon. Aber so wie Sie es unterstellen, daß eine Abgabenquote von null irgendwie optimal wäre – Sie haben da so eine naive Multiplikatoranalyse gebracht –, das stimmt auch nicht.

Ich gebe Ihnen nur ein simples Beispiel, das natürlich auch nichts belegt, weil es sich hier ja um statistische Effekte handelt und Einzelvergleiche mit bestimmten Ländern in bestimmten Perioden sowieso nie etwas bringen können. Ich bringe es nur für Sie, weil Sie zu glauben scheinen, daß es einen eindeutigen Zusammenhang zwischen Abgabenquote und Wachstum gibt. Wir beide sind alt genug, um uns halbwegs erinnern zu können, wie das in Österreich 1950, 1960 war. Österreich hat nach dem Krieg immer, seit wir diese Statistik haben, eine relativ hohe Abgabenquote gehabt. Sie war niedriger als jetzt, aber sie war höher als in der EU, in der damaligen EG, sie war sicher höher als in den Vereinigten Staaten. Und wie ist das Wirtschaftswachstum in den letzten 40, 50 Jahren im Vergleich Österreich – USA gewesen? Wir haben inzwischen praktisch das gleiche Pro-Kopf-Einkommen. Also muß das Wirtschaftswachstum Österreichs, wo man ja 1950 mehr oder weniger bei Null angefangen hat, viel höher gewesen sein als in den USA.

Ich kann Ihnen auch nicht antworten, worauf es jetzt wirklich ankommt. Es ist viel leichter zu sagen, worauf es statistisch offenbar nicht ankommt. Vermutlich kommt es viel mehr auf die Steu


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