Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 133. Sitzung / Seite 102

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Analysen belegen – darauf hinzuweisen ist mir besonders wichtig –, daß auch in den schwersten, sogar in Fällen mit tödlichem Ausgang, Mißhandlungen in beinahe allen Fällen den Behörden vorher bekannt waren. Es fehlt also nicht an Information, vielmehr gibt es für solche Krisenfälle ein unzureichendes personelles Angebot, und die materielle Ausstattung der Hilfseinrichtungen fehlt.

Außerdem würden zentrale Meldestellen die Dynamik verschärfen, denn einer Gruppe, die für Hilfe qualifiziert ist, würden noch zusätzlich Kontrollaufgaben aufgelastet werden.

Folgende mögliche Alternativen zur Verbesserung des Schutzes unserer Kinder gegenüber Gewalt sehe ich darin – lassen Sie mich einige davon aufzählen –: Die in gravierenden Fällen von Ärzten erstattete Verletzungsanzeige muß gleichzeitig auch an die Jugendwohlfahrtsträger übermittelt werden, um neben der polizeilichen Ermittlung auch umgehend sozialarbeiterische Schritte einleiten zu können, denn ansonsten erfolgt die Information zwar früh genug, ergeht aber an die Jugendämter oft mit mehrwöchiger Verspätung.

Meiner Meinung nach ist es auch wichtig, gezielte Fortbildung jener Berufsgruppen zu forcieren, die in ihrer Berufsausübung die Möglichkeit haben, Verdachtsmomente wahrzunehmen und eine Förderung der vertrauensvollen Zusammenarbeit mit den Jugendämtern im Sinne des Ausbaus kooperativer Vernetzungsstrukturen zu initiieren.

Außerdem ist eine verbesserte praxisbezogene Aus- und Weiterbildung des Krankenhauspersonals, der Lehrer und der KindergärtnerInnen wichtig, wodurch ein Erkennen von Gewalthandlungen an Minderjährigen und Kindern leichter ermöglicht wird. Ebenso bedeutsam ist die Erstellung eines Sozialarbeiterplanes zur Qualitätssicherung, und zwar in Form eines Forschungsprojektes, damit wirklich alle Institutionen, die mit der Verhinderung von Gewalt und Prävention von Gewalt betraut sind, miteinbezogen werden.

Ich habe schon erwähnt, daß meiner Ansicht nach Präventionsprogramme besonders wichtig sind. Und ich möchte hier eines besonders hervorheben, von dem ich glaube, daß damit ein richtiger Weg beschritten wird, um unsere Kinder zu schützen. Es gibt in Tirol ein Präventionsmodell – es heißt "Sag nein!" –, in dem Anregungen für LehrerInnen, KindergärtnerInnen, Erziehungs- und Betreuungspersonal gegeben werden. Es vermittelt folgende Botschaften an die Kinder: Über deinen Körper bestimmst du allein; deine Gefühle sind wichtig; es gibt angenehme und unangenehme Berührungen; du hast das Recht, nein zu sagen; es gibt gute und schlechte Geheimnisse; sprich darüber und suche Hilfe; du bist nicht schuld.

Kinder müssen als eigenständige Menschen mit Bedürfnissen, Wünschen und dem Recht auf Achtung und nicht als Besitz oder als notwendiges Übel angesehen werden, das sich mitunter auch den sexuellen Wünschen der Erwachsenen zu fügen hat. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.) Wir müssen für unsere Kinder ein vernetztes Hilfsangebot mit qualifiziertem Personal schaffen. Durch Repressionen erreichen wir nur das Gegenteil der Zielsetzung.

Der Dringliche Antrag von Frau Abgeordneter Povysil ist auf reine Symptombekämpfung ausgerichtet; damit können keine Probleme gelöst werden. Und vor allem: Das Benehmen und auch Ihre Aufmerksamkeit während dieser Debatte – speziell bei wirklich konkreten Vorschlägen – stimmt mich angesichts der Ernsthaftigkeit dieses Themas traurig. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

16.42

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Herr Abgeordneter Mühlbachler hat sich zu einer tatsächlichen Berichtigung zu Wort gemeldet. Die Geschäftsordnung ist bekannt. – Bitte, Herr Abgeordneter.

16.42

Abgeordneter Dkfm. Mag. Josef Mühlbachler (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In der vorangegangenen Debatte wurde behauptet, daß Herr


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