Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 135. Sitzung / Seite 16

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Man könnte natürlich fragen, warum gerade Österreich diese Frage als vorrangig ansieht, hat doch unser Land die zweitniedrigste Arbeitslosenrate in der Europäischen Union. Aber Arbeit ist eine entscheidende Existenzgrundlage für jeden einzelnen und das Fundament für wahren Fortschritt zu einem sozialen, zu einem gerechten und einem friedlichen Europa. Und das ist unser Ziel, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.) Nationale Aktionspläne für Beschäftigung wurden daher auf der Grundlage einer gemeinschaftlichen Strategie erarbeitet und sind in Umsetzung. Beim Europäischen Rat in Wien im Dezember dieses Jahres wird erstmals Zwischenbilanz über die Erfolge gezogen werden.

Eine weitere Aufgabe während der nächsten sechs Monate wird es sein, die Vorbereitung für die Einführung der gemeinsamen europäischen Währung, den Euro, zum Abschluß zu bringen. Von großer Bedeutung wird dabei sein, daß wir parallel dazu die erforderliche Intensivierung der wirtschaftspolitischen Koordination in der Europäischen Union gut auf den Weg bringen. Mit der Euro-11-Gruppe haben wir ein Diskussionsforum geschaffen, das sich insbesondere dieser Frage widmet. Auch diese Gruppe, die sich bereits Anfang Juni unter meinem Vorsitz in Luxemburg konstituierte, tagte am Montag in Brüssel, und wir sind in dieser Frage einige Schritte weitergekommen.

Ein besonderes Anliegen muß es auch sein, bei der Harmonisierung der europäischen Steuerpolitik Fortschritte zu erzielen, obwohl mir bewußt ist, daß dies eine besonders schwierige Aufgabe ist. Aber: Steuerpolitik wird sehr stark als Instrument der Standortpolitik eingesetzt, und der Wettbewerb wird mitunter auch mit unfairen Mitteln geführt. Dabei geht es weder um Gleichschaltung noch um Anpassung. Es geht dabei in erster Linie um Koordination und – vor allem bei wichtigen wettbewerbsrelevanten Steuern – um Mindeststandards, um einen fairen Wettbewerb in der Europäischen Union zu gewährleisten. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Schließlich haben wir uns vorgenommen, in der Diskussion der Vorschläge der Europäischen Kommission zur Reform der EU-Politiken und zum neuen mittelfristigen Finanzrahmen, die in der "Agenda 2000" zusammengefaßt sind, möglichst viele Fragen zu klären, denn es soll in der ersten Hälfte des kommenden Jahres unter deutscher Präsidentschaft – noch vor den Wahlen zum Europäischen Parlament – in erster Linie eine abschließende politische Einigung über den weiteren Weg der Union im nächsten Jahrzehnt möglich werden. Daher haben wir die große Aufgabe, die sehr schwierigen Diskussionen im Bereich der mittelfristigen Finanzierung der Europäischen Union unter österreichischer Präsidentschaft strukturell entsprechend auf den Weg zu bringen.

Der Vorsitz in der Europäischen Union gibt uns also Gelegenheit, die gemeinsame Energie der Europäischen Union verstärkt auf jene Aufgaben zu lenken, die für eine gute Entwicklung Europas und damit auch für uns, unsere Wirtschaft und die darin arbeitenden Menschen besonders wichtig sind. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dieser Gestaltungsspielraum, der dem Vorsitzland der Europäischen Union traditionell zukommt, ist die besondere Chance, von der ich gesprochen habe, eine Chance, die wir gemeinsam nützen können und auch nützen werden. Dabei haben wir nach europäischen Lösungen zu suchen, die aber auch unseren österreichischen Anliegen gerecht werden. Aber uns muß klar sein, daß in einer Gemeinschaft nicht einer allein, sondern alle gemeinsam entscheiden.

Sehr geehrte Damen und Herren! Das zentrale Anliegen unserer Wirtschaftspolitik muß also der erfolgreiche Kampf gegen die Arbeitslosigkeit sein. Denn Arbeitslosigkeit ist eine Verschwendung wertvoller menschlicher Talente und Fähigkeiten. Arbeitslosigkeit ist ein soziales Unrecht für die davon betroffenen Menschen. Arbeitslosigkeit und ihre Folgen belasten zudem die öffentlichen Haushalte. Und im Abbau der Arbeitslosigkeit liegt auch der Schlüssel für den nachhaltigen Erfolg der gemeinsamen europäischen Währung. (Weiterer Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Ich erinnere daran, daß beim Europäischen Rat von Amsterdam 1997 ein eigenes Kapitel betreffend die Beschäftigung in den Vertrag über die Europäische Union aufgenommen und eine Entschließung über Wachstum und Beschäftigung verabschiedet wurde. Österreichische Initiati


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